Linken-Europaparteitag in Hamburg Gregor Gysi stellt Zehn-Prozent-Ziel für Europawahl auf

Hamburg · Seriös und geschlossen - so will die Partei Die Linke auf ihrem Europaparteitag in Hamburg wahrgenommen werden. Zentrale Forderungen der Partei sind ein Ende der Sparpolitik, härtere Strafen bei Steuerflucht und eine "Entmilitarisierung" der Europäischen Union. Spitzenkandidatin für die Wahl am 25. Mai ist die frühere PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer.

 "Ich glaube an ein zweistelliges Ergebnis", sagte Gregor Gysi am Sonntag am Rande des Linke-Parteitags in Hamburg.

"Ich glaube an ein zweistelliges Ergebnis", sagte Gregor Gysi am Sonntag am Rande des Linke-Parteitags in Hamburg.

Foto: dpa, bom fdt

Mit Zuversicht geht Linksfraktionschef Gregor Gysi in die Europawahl am 25. Mai und setzte klare Ziele: "Ich glaube an ein zweistelliges Ergebnis", sagte er am Sonntag am Rande des Linke-Parteitags in Hamburg der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem Verlauf der zweitägigen Versammlung zeigte er sich zufrieden. "Wir haben ein gutes Wahlprogramm, dessen Kernaussage ist: Wir sind proeuropäisch, wir sind auch nicht gegen die Europäische Union, üben aber scharfe Kritik an ihrer Politik." Die Linke hatte ihr Programm am Samstag mit großer Mehrheit verabschiedet.

Einen Seitenhieb konnte sich Gregor Gysi aber dann doch nicht verkneifen. Die aktuellen Turbulenzen in Berlin kommentierte er am Wochenende süffisant mit den Worten: "Union und SPD sind gerade mit Verrat und Denunziation beschäftigt." Während die Regierungskoalition Krisenpolitik in eigener Sache betrieb, bemühte sich die Linke auf ihrem Europaparteitag in Hamburg, seriös und geschlossen daherzukommen.

Wahlprogramm zur Europawahl

Kern des Parteitags war der Beschluss des Wahlprogramms, das unter dem Titel "Europa geht anders. Sozial, friedlich, demokratisch" verabschiedet wurde. Darin spricht sich die Partei für eine grundlegende Neuausrichtung der Europäischen Union aus. "Wir wollen einen Politikwechsel, damit die EU nicht vornehmlich Eliten an Reichtum und Macht ein Zuhause bietet, sondern sich solidarisch für alle entwickelt", heißt es.

Als "Fassadendemokratie" kritisierte die Parteilinke Sahra Wagenknecht die EU, um zugleich zu betonen, es gebe in ihrer Partei keine Anti-Europäer. Den Kompromisstext trug auch sie letztlich mit. In ihrem Wahlprogramm betont die Linke nun - neben aller Kritik - mehr als zuvor die Chancen eines vereinten Europas.

Trotz der großen Mehrheit für das entschärfte Programm - ein EU-kritischer Satz in der Präambel zum Linken-Wahlprogramm wurde im Vorfeld schnell noch aus dem Weg geräumt - traten auch in Hamburg die alten Gräben zutage. Als "Quatsch" qualifizierte Fraktionschef Gysi in seiner Rede die Warnung Wagenknechts vor einem Zurück zur alten PDS. Die Wortführerin des linken Parteiflügels hatte sich auf Absprachen ostdeutscher Landesverbände bei der Kandidatenliste für die Europawahl bezogen. Die Absprachen waren als Reaktion auf einen von West-Linken dominierten Wahlvorschlag erfolgt.

"Wir müssen endlich diese Kleinkariertheit in jeder Hinsicht überwinden", mahnte Gysi. "Der Europawahlkampf ist nicht geeignet, sich auf bestimmte interne Auseinandersetzungen zu konzentrieren."

Streit über Kandidatenliste ist beigelegt

Die Linke setzte am Sonntagvormittag die Kandidatenwahl für ihre Europaliste fort. Nach der Wahl von Gabi Zimmer zur Spitzenkandidatin setzten sich in Kampfabstimmungen auf den nächsten Plätzen reformorientierte Linke gegen Vertreter des radikalen Flügels durch.

Auf die ersten sechs Plätze wurden jeweils drei Ost- und Westdeutsche gewählt. Der vor allem in den westdeutschen Verbänden beheimatete linke Flügel hatte eine Dominanz ostdeutscher Kandidaten befürchtet. Damit wurde die Liste der ostdeutschen Landesverbände durchbrochen. "Ich glaube, dass das ein Personaltableau ist, das motivieren wird Wahlkampf zu machen", sagte Wagenknecht dazu.

Die alten Streitereien zwischen den ostdeutschen Reformern und den radikaleren Kräften aus dem Westen dürften also munter weitergehen. Auch fast sieben Jahre nach Gründung der gesamtdeutschen Linken sind sich beide Seiten weiter fremd. Die Vertreter aus dem Westen werfen den Reformern unter anderem vor, viel zu sehr nach einer baldigen Regierungsbeteiligung zu schielen.

Für die knapp hundert Tage Europawahlkampf gab die Linken-Spitze die Devise aus: "Nach dem Parteitag müssen wir alle kämpfen." Geschäftsführer Matthias Höhn redete den Delegierten ins Gewissen: "Nichts wäre schädlicher, als dass wir selbst Zweifel ausstrahlen über unser politisches Angebot." Und Fraktionschef Gysi sagte, er erwarte einen "leidenschaftlichen Europawahlkampf", auch wenn nicht allen alles gefallen habe auf dem Parteitag.

(AFP)
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