Vor Parteitag in Hamburg Wagenknecht warnt Linke vor Rückkehr zur "alten PDS"

Hamburg · Rechtzeitig vor ihrem Parteitag hat die Linke einen Kompromiss im Streit über ihr Europawahlprogramm gefunden. Bei der Wahl der Kandidaten könnte es aber Ärger geben.

 Sarah Wagenknecht beim Parteitag in Hamburg.

Sarah Wagenknecht beim Parteitag in Hamburg.

Foto: dpa, rje wst

Die stellvertretende Linke-Chefin Sahra Wagenknecht hat vor einer Dominanz ostdeutscher Politiker bei der Postenvergabe in ihrer Partei gewarnt. "Eine gesamtdeutsche Linke lebt davon, dass Ost und West gleichgewichtig repräsentiert sind", sagte sie am Samstag kurz vor Beginn des Parteitags in Hamburg der Deutschen Presse-Agentur. "Die Mehrzahl unserer Mitglieder möchte eine gesamtdeutsche Linke und nicht zurück zur alten PDS."

Hintergrund ihrer Äußerung sind Absprachen der ostdeutschen Landesvorsitzenden zur Wahl der Kandidaten für die Europawahl am 25. Mai. Danach sollen auf die aussichtsreichen ersten acht Plätze sechs Ostdeutsche gewählt werden. "Wir wollen ja auch im Westen gute Ergebnisse haben. Und deswegen wäre es ein fatales Signal, eine völlig einseitige Liste zu wählen", sagte Wagenknecht. Die 44-Jährige stammt selbst aus Ostdeutschland, hat ihren Wahlkreis aber in Düsseldorf und gilt als Wortführerin des linken Parteiflügels, dem vorwiegend Westdeutsche angehören.

Die Aufstellung der Kandidatenliste soll am Samstag und Sonntag auf dem Parteitag erfolgen. Unstrittig ist, dass die frühere PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer Spitzenkandidaten werden soll. Für die folgenden Plätze werden Kampfkandidaturen erwartet. "Ich glaube, dass die Delegierten klüger sind als einige ostdeutschen Funktionsträger, die Listen in Umlauf gebracht haben, wo auf den relevanten ersten acht Plätzen nur zwei Westdeutsche stehen", sagte Wagenknecht der dpa.

Die Linke war 2007 aus der ostdeutschen Linkspartei/PDS und der westdeutschen WASG gegründet worden. Für den Hamburger Parteitag wurden die Delegiertenposten erstmals nur nach den Mitgliederzahlen der Landesverbände vergeben, ohne den Ost-West-Proporz zu berücksichtigen. Die westdeutschen Verbände stellen damit nur noch 38 statt bisher 44 Prozent der 500 Landesdelegierten.

Vor der Kandidatenwahl will die Linke in Hamburg ihr Programm für die Europawahl beschließen. Der Parteivorstand hatte den Entwurf kurz vor dem Parteitag entschärft. Die umstrittene Formulierung in der Präambel, die EU sei eine "neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht", wurde gestrichen. Die Linke plädiert aber weiterhin für eine grundlegende Neuausrichtung der EU: "Wir wollen einen Politikwechsel, damit die EU nicht vornehmlich Eliten an Reichtum und Macht ein Zuhause bietet, sondern sich solidarisch für alle entwickelt."

Das Wort "militaristisch" taucht in der Präambel nicht mehr auf.
Wagenknecht kritisierte die EU dennoch scharf für ihre Sicherheitspolitik. "Es läuft darauf hinaus, dass die EU eine eigenständige Interventionsmacht werden soll", sagte sie.
EU-Missionen wie in Mali, Somalia und Zentralafrika lehnt die stellvertretende Partei- und Fraktionsvorsitzende strikt ab. "Ich halte es für völlig scheinheilig wenn so getan wird, als fänden diese Einsätze für die Menschen in Afrika statt. Auch bei Zentralafrika ist es eindeutig, dass es der EU nicht um die Menschen geht, sondern um Rohstoffe."

Ihre Kritik am Euro relativierte Wagenknecht. "Der Euro wäre wahrscheinlich zu retten mit einer anderen Politik", sagte sie. Wenn das aber nicht gewollt sei, müsse man über Alternativen nachdenken und sich auch der Diskussion über eine Auflösung stellen. Zuvor waren Äußerungen Wagenknechts als Forderung nach einem Ende des Euros interpretiert worden.

(dpa)
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