Der Minister und die Doktorarbeit Fragen zum Fall Guttenberg

Düsseldorf (RP). Die Universität Bayreuth muss jetzt entscheiden, ob sie dem Verteidigungsminister seinen Doktortitel aberkennt. Die Hochschule kann den Titel im Falle einer Täuschung entziehen. Guttenberg ist nicht der Erste im Kabinett, der wegen seiner Dissertation ins Gerede kommt.

Leserstimmen zum Plagiats-Fall Guttenberg
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Foto: dapd

Das Verhalten von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bei der Abfassung seiner 2006 fertiggestellten Dissertation sorgt seit Tagen für eine heftige Debatte in und außerhalb der Hauptstadt. Politische und rechtliche Fragen stehen im Vordergrund.

Ist schon einmal ein Mitglied der Bundesregierung wegen seiner Doktorarbeit ins Gerede gekommen? Familienministerin Kristina Schröder (CDU) musste sich vor einem Jahr vorhalten lassen, sie habe für ihre Dissertation im Fach Politik Dienste ihrer Partei genutzt; es seien beispielsweise Fragebögen zum Dissertationsthema "Wertvorstellungen von CDU-Bundestagsabgeordneten" an die Parteibasis verschickt worden. Die Angelegenheit blieb für die junge Ministerin folgenlos.

Welche Mitglieder der Bundesregierung außer zu Guttenberg und Schröder haben noch promoviert? Kanzlerin Angela Merkel (Naturwissenschaften); Außenminister Guido Westerwelle (Recht); Bildungsministerin Annette Schavan (Theologie); Gesundheitsminister Philipp Rösler (Medizin); Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen (Medizin); Innenminister Thomas de Maizière (Recht), Finanzminister Wolfgang Schäuble (Recht); Umweltminister Norbert Röttgen (Recht); Verkehrsminister Peter Ramsauer (Betriebswirtschaft).

Wer würde gegebenenfalls zu Guttenberg den Titel "Dr. jur." aberkennen? Diejenige Institution, die ihn zuerkannt hat, hier: die Universität Bayreuth.

Welche Vorschrift käme in Betracht? Paragraf 16 der Promotionsordnung regelt die Ungültigkeit der Promotionsleistungen. Dem Titelträger zu Guttenberg müsste eine Täuschungsabsicht nachgewiesen werden. Die Entscheidung trifft die Prüfungskommission der Uni. Sie kann den Doktortitel im Täuschungsfall entziehen, muss es aber nicht. Grundsätzlich muss schlechtes (schlampiges), also unwissenschaftliches Arbeiten von Täuschung unterschieden werden.

Bestanden bis zur jüngsten Plagiats-Debatte irgendwelche Zweifel an der Doktorarbeit? Der Dekan der Juristischen Fakultät der Uni Bayreuth, Markus Möstl, bestätigte, dass das Verfahren der Dissertation korrekt verlaufen sei.

Hätte sich Guttenberg wegen Abgabe einer falschen eidesstattlichen Erklärung strafbar gemacht, falls ihm die Universitäts-Kommission Täuschung nachweisen würde? Nein. Er musste keine Erklärung an Eides statt abgeben. Deshalb geht eine dahin zielende Strafanzeige juristisch ins Leere.

Musste der Doktorand Guttenberg überhaupt etwas "erklären"? Ja. Bei der Abgabe seiner Arbeit musste zu Guttenberg eine ehrenwörtliche Erklärung darüber abgeben, dass er seine Dissertation selbstständig verfasst und keine anderen als die von ihm angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe.

Wie lange dauert voraussichtlich die Prüfung der Uni-Kommission? Es wird damit gerechnet, dass spätestens in der zweiten März-Hälfte in Bayreuth ein Ergebnis bekannt gegeben wird.

Welche technischen Möglichkeiten erleichtern das Entdecken von Plagiaten? Die Technische Universität Braunschweig hat ein System "Docoloc" entwickelt. Das Programm markiert Textstellen von im Internet frei verfügbaren Texten, die gleichlautend mit Passagen einer Doktorarbeit sind. Der Prüfer erhält einen "Prüfreport" und muss dann abwägen, ob es sich tatsächlich um ein Plagiat handelt beziehungsweise, ob die Quelle des Zitats in der Dissertation korrekt genannt wird.

Rücken Mitglieder der Koalitionsparteien CDU, CSU und FDP von zu Guttenberg ab? Bis jetzt hat dies niemand zu erkennen gegeben. Im Gegenteil. Zuerst hatte Bildungsministerin Schavan vor einer Vorverurteilung des Kabinetts-Kollegen gewarnt. Dann stärkte die Kanzlerin zu Guttenberg den Rücken. Der Verteidigungsminister habe seinen Fehler bedauert und zugesichert, dass er bei der Aufklärung der Vorwürfe mit der Universität Bayreuth zusammenarbeiten wolle, sagte die Kanzlerin. CSU-Chef Horst Seehofer sicherte Guttenberg seine Solidarität zu. Saarland-Ministerpräsident Peter Müller, ab 2012 womöglich Richter am Bundesverfassungsgericht, sieht in den Vorwürfen keinen Grund für einen Rücktritt.

Wie reagiert die Opposition? Unterschiedlich. SPD-Vizevorsitzende Manuela Schwesig meinte, der Verteidigungsminister habe noch die Chance, mit einem blauen Auge davonzukommen. Für die Linkspartei verlangte Paul Schäfer, die Kanzlerin solle zu Guttenberg bis zur Klärung der Vorwürfe von seinem Amt entbinden.

Guttenberg wäre als Minister nicht zu halten, wenn . . .? . . . sich beispielsweise herausstellen würde, dass er gestern öffentlich gelogen hat, oder wenn gar herauskäme, dass nicht er, sondern ein Dritter die Dissertation geschrieben hat.

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