Afghanistan Erneuter Anschlag auf Bundeswehr-Patrouille

Berlin/Kundus (RPO). Die Angriffe auf die Bundeswehr in Afghanistan haben eine neue, gefährliche Qualität erreicht: Erstmals wurden am Freitag deutsche Soldaten im eigenen Lager angegriffen - genau an jenem Ort, den Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) noch am Donnerstag besucht hatte. Ein weiterer Angriff auf eine Patrouille der Bundeswehr ereignete sich am Freitagabend.

Waffen und Fahrzeuge der Bundeswehr in Afghanistan
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Foto: ddp

Bei dem Anschlag am Freitagvormittag in der Provinz Baghlan waren zunächst zwei deutsche Soldaten getötet und sieben verwundet worden. Einer der Verwundeten starb später.

Am frühen Freitagabend wurde die Bundeswehr im nordafghanischen Kundus erneut Ziel eines Abschlages. Bei dem Angriff auf eine Patrouille acht Kilometer nordwestlich des regionalen Wiederaufbauteams PRT wurde die Einheit nach Bundeswehrangaben mit Handfeuerwaffen und Panzerabwehrgranaten beschossen. Dabei wurden vier Soldaten verwundet. Bei keinem Soldaten bestehe Lebensgefahr, hieß es.

Seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes sind damit 48 Bundeswehrsoldaten am Hindukusch ums Leben gekommen, 29 von ihnen starben bei Anschlägen und Gefechten. Im Jahr 2009 war ein deutscher Soldat erstmals bei einem direkten Feuergefecht mit den Taliban gefallen. Einen Anschlag direkt in einem Camp der Bundeswehr gab es bisher noch nicht.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zeigte sich erschüttert. Ein afghanischer Soldat habe "völlig überraschend aus kurzer Distanz" aus einer Handfeuerwaffe auf die Bundeswehrangehörigen gefeuert. Sie waren mit Instandhaltungsarbeiten in dem Außenposten in der Provinz Baghlan beschäftigt. Der Schütze wurde bei dem nachfolgenden Gefecht getötet.

Zunächst war von einem Gefallenen und acht Verletzten die Rede gewesen. Kurze Zeit nach dem Angriff erlag aber ein 30-jähriger Hauptfeldwebel seinen Verwundungen. Am Abend erlag ein dritter Soldat seinen schweren Verletzungen.

Nach Angaben des Befehlshabers des Einsatzführungskommados, General Rainer Glatz, gehörte der Afghane zum 209. Korps der afghanischen Armee ANA. Die deutschen Soldaten leben im Rahmen des sogenannten Partnering mit den ANA-Soldaten zusammen und bilden diese aus. Über die Hintergründe der Tat lägen noch keine Erkenntnisse vor, sagte Glatz.

Guttenberg warnte davor, das bislang "sehr erfolgreiche Partnering", also die enge Zusammenarbeit von deutschen und afghanischen Streitkräften, jetzt grundsätzlich in Frage zu stellen. Nur durch eine bessere Ausbildung der afghanischen Soldaten könnten diese die Sicherheitsverantwortung absehbar selbst in die Hand nehmen. Die Übergabe der von der internationalen Schutztruppe ISAF kontrollierten Gebiete gilt als Voraussetzung für den Abzug der ausländischen Truppen, auch der rund 5.000 deutschen Soldaten.

Guttenberg hatte erst am Donnerstag überraschend die nordafghanische Region und auch den Bundeswehr-Außenposten in Pol-e Khomri besucht. Allein in der Provinz Baghlan sind rund 600 deutsche Soldaten stationiert. Es war bereits die neunte Reise Guttenbergs zu den deutschen Truppen in Afghanistan seit seinem Amtsantritt im Oktober 2009.

(apd)
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