Kritik am Rentenkonzept der Koalition Experten: "Unzureichend geprüft, zu teuer, ungerecht"

Berlin · Häufig werden Studien und Gutachten gemacht, um die Position des Auftraggebers zu untermauern. Vier Gutachten im Auftrag der arbeitgeberunterstützten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) zum Rentenpaket der schwarz-roten Bundesregierung kamen in unterschiedlicher Ausführlichkeit zu einem recht einheitlichen Ergebnis: "unzureichend geprüft, zu teuer, ungerecht".

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Foto: dpa, Oliver Berg

An diesem Montag will die INSM innerhalb von weniger als zwei Monaten das fünfte Gutachten dieser Art vorstellen - just in dem Moment, da der Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales Sachverständige zum Rentenpaket der Bundesregierung anhört. Bislang verlief die Debatte relativ zurückhaltend. Denn alle drei Koalitionäre CDU, CSU und SPD hatten einen Teil des Paketes zu verantworten.

Die Union machte sich für die sogenannte Mütterrente stark. Mütter (oder Väter), die ein vor 1992 geborenes Kind großgezogen haben, sollen vom 1. Juli an bei der Rentenberechnung für jedes dieser Kinder zwei Entgeltpunkte statt bisher einem bekommen. Für Kinder, die nach 1992 geboren wurden, werden bereits drei Punkte angerechnet.

Die SPD hat die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren zu verantworten - quasi als Gegenreaktion auf die unter ihrem ehemaligen Arbeitsminister Franz Müntefering vereinbarte Rente mit 67.

Der Deutschen Rentenversicherung Bund - aber auch den Gewerkschaften - stößt auf, dass das Paket zunächst aus den Reserven der Rentenkassen finanziert werden soll. Dazu hatte die Bundesregierung zum 1. Januar beschlossen, dass trotz der massiven Überschüsse, die eigentlich eine Beitragssenkung erfordert hätten, der Beitrag konstant bei 18,9 Prozent blieb. Die Rentenversicherung befürchtet, dass deshalb mittelfristig die Beiträge weiter steigen und das Rentenniveau sinkt.

Obwohl die Mütterrente mehr kostet, steht vor allem die Rente mit 63 in der öffentlichen Kritik. Umstritten ist, wie viel Arbeitslosenzeit angerechnet werden soll. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) warnte im "Spiegel" die SPD: "Wir haben ausgemacht, nicht mehr als fünf Jahre bei den Arbeitslosenzeiten anzurechnen." Ansonsten sei die Zustimmung der CDU nicht gesichert.

Angst vor der Frühverrentungswelle

Als noch größeres Problem stellt sich die Frage dar, wie eine Frühverrentungswelle vermieden werden kann. Denn ohne Gegensteuern besteht die Möglichkeit, dass sich Arbeitnehmer mit 61 arbeitslos melden und dann nach zwei Jahren in die abschlagsfreie Rente gehen können. Im Grunde sind sich Union und SPD, aber auch die Gewerkschaften einig, dass eine solche Frühverrentung vermieden werden soll. Das wurde zuletzt nach der Klausurtagung der Spitzen der Koalitionsfraktionen Anfang vergangener Woche auf dem Petersberg bei Bonn deutlich.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bevorzugt offensichtlich eine Lösung, die die Arbeitgeber verpflichtet, die Sozialleistungen für diejenigen Arbeitnehmer weiter zu zahlen, die mit 61 Jahren gekündigt werden. Diesen Weg lehnen die Arbeitgeber ab, da er nicht handhabbar sei, so jedenfalls zitieren Teilnehmer Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer nach den Gesprächen auf dem Petersberg.

Laut "Spiegel" will der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion, Christian von Stetten, in dieser Woche einen Fünf-Punkte-Katalog mit Minimalanforderungen vorlegen. Als unverzichtbar gelte danach eine Stichtagsregelung zum 1. Juli 2014.

Das Ringen um eine Lösung dürfte also erst nach der Anhörung im Bundestag richtig los gehen. Es wird wohl einen Kompromiss zwischen beiden Extrempositionen geben. Jedenfalls solle eine Gruppe um Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) und dem Staatssekretär im Arbeitsministerium, Jörg Asmussen, eine Lösungsvorschlag erarbeiten.

(dpa)
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