Jahresbericht des Landesrechnungshofes Bis zu 4700 Polizeiwesten verschwunden

Düsseldorf (RPO). Bis zu 4700 Polizeiwesten sind laut Landesrechnungshof (LRH) im Bürokratie-Nirvana verschwunden. Die Präsidentin Ute Scholl sagte am Montag bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2009, dass je nach Zählart zwischen 740 und 4700 Polizeiwesten nie bei den Polizisten angekommen seien. Die Schlamperei bei der Anschaffung der Bekleidung und andere Folgen von Steuergeld-Verschwendung rügte die Prüfbehörde.

 Die Präsidentin des Landesrechnungshofs NRW, Ute Scholle.

Die Präsidentin des Landesrechnungshofs NRW, Ute Scholle.

Foto: ddp, ddp

Zur besseren Abwehr von Angriffen hatte die NRW-Polizei über 30 000 sogenannte ballistische Unterziehschutzwesten anschaffen wollen. Eine Prüfung der Verwaltungsunterlagen habe ergeben, dass die Anzahl der eingekauften Westen nicht mehr "verlässlich" ermittelt werden konnte, kritisierte Scholle. Mindestens 740 Westen seien nie zum Einsatz gekommen, was einen Schaden von 850 000 Euro bedeute. Wegen der unvollständigen Unterlagen müsse sogar damit gerechnet werden, dass 4700 Westen fehlten. Schadenssumme in diesem Fall: 5,4 Millionen Euro.

In dem aktuellen Prüfbericht listet der Landesrechnungshof zahlreiche Fälle von Verschwendung auf und macht Vorschläge für Einsparungen. Ziel ist ein sorgsamerer Umgang der Landesregierung und ihrer Behörden mit dem Geld der Steuerzahler.

So monierte die Behörde auch die Bevorzugung eines einzelnen Anbieters bei der beruflichen Bildung im Strafvollzug. Zur Resozialisierung von Häftlingen hatte das Land laut Prüfbericht zwischen 2004 und 2006 rund 90 Prozent der eingesetzten Gelder in Höhe von rund 23,6 Millionen Euro für einen Bildungsträger aufgewendet, der bereits seit 1971 für das Land tätig ist. Ohne vorherige Ausschreibung sei der Auftrag demnach "auf unbestimmte Zeit" vergeben worden. Das gehe so nicht, rüffelte Scholle.

Die beanstandeten Ausgaben beliefen sich dem Jahresbericht zufolge beim Rechnungshof insgesamt auf 86,6 Millionen Euro. Hinzu kamen Beanstandungen der nachgeordneten Rechnungsprüfungsämter in Höhe von 130,9 Millionen Euro.

Auch handfeste Konflikte mit der Landesregierung werden in dem Report erwähnt. Dickster Happen dabei war laut LRH eine fehlerhafte Kaufpreisquote bei der umstrittenen Privatisierung der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG). Da das Land eine Prüfung durch den Rechnungshof abgelehnt habe, seien 36,68 Millionen Euro bei dem Verkauf des zuvor langeseigenen Wohnungsbau-Unternehmens zu wenig eingenommen worden.

Zudem habe das Finanzministerium die Vorlage von Unterlagen zur Gewährträgerhaftung des landeseigenen Förderinstituts NRW.Bank abgelehnt. Die Bank sei gesetzlich vom Prüfungsrecht des Rechnungshofs ausgeschlossen, lautete die Begründung der Regierung. Der LRH sah dies anders und rügte offiziell "auf das Schärfste" eine "bewusste Missachtung" seiner Rechte.

Scholle mahnte auch eine Umsetzung der Vorschriften des 2005 in Kraft getretenen Korruptionsbekämpfungs-Gesetzes an. Bislang würden die Vorgaben zu Vermeidung von Bestechung bei der Vergabe von Aufträgen "vielfach nicht beachtet", sagte die Präsidentin. Die Grünen unterstützten die Kritik und forderten Innenminister Ingo Wolf (FDP) auf, das Rotationsprinzip einzuführen. Es dürften nicht immer die gleichen Beamten über Aufträge entscheiden.

Die Chefin des Landesrechnungshofs kritisierte auch die hohe Gesamtverschuldung des Landes in Höhe von 119,3 Milliarden Euro. Die Politik müsse dafür sorgen, dass das Rekorddefizit "nicht ausufert", forderte Scholle. Man sehe die Entwicklung gerade angesichts der Finanzkrise mit "großer Sorge". Trotz steigender Steuereinnahmen in den vergangenen Jahren sei die Schuldenlast des Landes weiter angewachsen. NRW sei hier nicht besser als andere Bundesländer.

Fast 45 Minuten referierte Scholle vor der Landespressekonferenz über Verschwendung und Misswirtschaft in den Behörden. Dabei erwähnte sie nur die wichtigsten Fälle. Für Details verwies die Chefprüferin auf den rund 370-seitigen Jahresbericht.

(DDP)
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