Kanzerkandidat der SPD Wieviel Schröder steckt in Steinmeier?

Berlin (RPO). Frank-Walter Steinmeier hat gekämpft. Der Kanzlerkandidat der SPD hielt auf dem Wahlparteitag in Berlin eine leidenschaftliche Rede. Der gelegentlich als dröge beschriebene Vizekanzler gestikulierte, schrie und schwitzte. Die Delegierten dankten es ihm mit langem Applaus. Viele Zuhörer dürfte Steinmeiers Auftritt an Altkanzler Gehard Schröder erinnern. Aber hat der Außenminister das Zeug zu einem fulminanten Wahlkämpfer?

SPD-Parteitag: Steinmeier kämpft sich zurück
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SPD-Parteitag: Steinmeier kämpft sich zurück

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Es ist Steinmeiers Art zu sprechen, die viele Delegierte an Gerhard Schröder erinnert. Steinmeier brüllt, klingt schon nach wenigen Sätzen heiser. Wenn er von Union und FDP spricht, nennt er den politischen Gegner "die andere Seite". Der Mann, der dort um die politische Zukunft seiner Partei kämpft, spricht wie Schröder — und klingt wie Schröder.

Die Parallelen zwischen beiden Männern sind augenfällig. Beide stammen sie aus einfachen Verhältnissen. Beide wurden in Ostwestfalen geboren, ihr Deutsch klingt ähnlich. Beide führten ihre Partei in eine Wahl, deren Ausgang ein Desaster zu werden droht. Und beide setzen alles auf einen Wahlkampf, der die Wende bringen soll, mit der so wirklich niemand rechnet.

SPD-Anhänger träumen dieser Tage von einem Wahlkampf im Schröder-Stil. Sie erinnern sich an das Jahr 2002. Monatelang hatten Union und FDP in den Umfragen deutlich vor Rot-Grün gelegen. Selbst am Wahlabend sah es noch nach einer Niederlage aus, Gegenkandidat Edmund Stoiber (CSU) machte sein "Glas Sekt" jedoch zu früh auf. Auch 2005 holte die Partei letztlich überraschende 34,2 Prozent der Stimmen. Erst Schröders überdrehter Auftritt in der TV-Elefantenrunde besiegelte die Niederlage.

Schröders Taktik: Ein Thema, einen Feind

Schröders Wahlkamptaktik verlief stets nach einem klaren Prinzip. Erstens: Besetze ein einfaches Thema. Zweitens: Bekämpfe ein klares Feindbild.

Im Wahlkampf 2002 setzte Schröder auf das Thema Irak-Krieg. Sein auf dem Marktplatz von Goslar verkündetes "Nein" zur Politik von George W. Bush mag nicht die feine politische Art gewesen sein — bei den Wählern kam es an. Ebenso wie sein medienwirksames Auftreten im Gummestiefeln und Regenmantel im Zuge des Hochwassers im Osten.

Für Steinmeier ist ein einfaches Thema derzeit nicht in Sicht. Zur Wirtschaftskrise kann er nicht "nein" sagen. Der Vizekanzler machte sich für die Opel-Rettung stark, bis September dürfte jedoch die Arcandor-Pleite die Schlagzeilen bestimmen. Punkten kann Steinmeier auf diesem Gebiet aber kaum. Selbst in der Arcandor-Heimat Nordrhein-Westfalen halten nach einer Umfrage des WDR 74 Prozent der Menschen die Entscheidung, dem Handesriesen nicht zu helfen, für richtig.

Steinmeier findet kein Thema, kein Feindbild

2005 punktete Schröder mit seinen persönlichen Attacken auf den Steuerrechtler Paul Kirchhof, der in Merkels "Kompetenzteam" für Finanzen und Steuern zuständig war und drastische Änderungen in Steuerpolitik vorschlug. Schröder verspottete die theoretischen Ausführungen des "Professors aus Heidelberg", nannte seine Pläne eine Gefahr für den sozialen Frieden im Land. Auch hier hatte Schröder Erfolg: Der Personalie Kirchhof verhagelte der Union das Wahlergebnis — dies bestätigten später Demoskopen.

Steinmeier glaubte, dieses Feindbild im neuen Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gefunden zu haben. Der Adlige mit den vielen Vornamen. Der Senkrechtstarter mit der Gel-Frisur. Der Insolvenz-Minister, der Arcandor nicht retten wollte. Aber auch hier hat Steinmeier Pech. Denn die Mehrheit der Deutschen scheint Guttenberg zu mögen. Am Ende der vergangenen Woche kletterte der CSU-Minister im ZDF-Politbarometer auf den zweiten Platz. Beliebter als Guttenberg ist demnach lediglich: die Kanzlerin.

Kein einfaches Thema, kein Feindbild, keine Aussage. Ein Wahlkampf im Schröder-Stil dürfte dem ehemaligen Chef des Bundeskanzleramtes damit schwer fallen. Keine guten Nachrichten für die Sozialdemokraten rund drei Monate vor der Wahl.

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