Weihnachten unter Pandemie-Bedingungen Ärzte warnen vor trügerischer Sicherheit der Corona-Schnelltests

Berlin · Die Bürger sollten ihre Kontakte an Weihnachten auf ein Minimum beschränken und Höchstgrenzen möglichst nicht ausreizen, sagt der Ärztepräsident.

 Ärztepräsident Klaus Reinhardt

Ärztepräsident Klaus Reinhardt

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Führende deutsche Ärzte haben die Bürger vor Weihnachten aufgefordert, ihre Kontakte auf ein Minimum zu beschränken, die AHA-Regeln einzuhalten und sich nicht allein auf einen negativen Corona-Schnelltest zu verlassen. „Natürlich wollen wir alle Isolation und Einsamkeit vor allem von älteren Familienmitgliedern an den Festtagen vermeiden. Aber gerade diese Bevölkerungsgruppe ist ganz besonders von Corona bedroht“, sagte Ärztepräsident Klaus Reinhardt.

„Angesichts der hohen Infektionszahlen und der angespannten Lage in unseren Krankenhäusern sollte sich deshalb jeder kritisch fragen, ob er wirklich die gesetzlichen Höchstgrenzen für Zusammenkünfte ausreizen muss“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer. „Ich appelliere noch einmal eindringlich an alle, sich gerade über die Feiertage vernünftig zu verhalten. Eine dritte, noch stärkere Infektionswelle, würde unser Gesundheitssystem überlasten. Jeder einzelne kann dazu beitragen, dass zu verhindern.“

Corona-Schnelltests hätten zwar ihre Berechtigung, um die Pandemie zu bekämpfen. „Aber ich warne vor einer Scheinsicherheit dieser Testergebnisse: Ein negatives Testergebnis, beispielsweise vor Familienfeiern, darf nicht zu einem sorglosen Umgang verleiten. Negative Testergebnisse sind immer nur eine Momentaufnahme und können am nächsten Tag schon positiv ausfallen“, sagte Reinhardt. Vor den Weihnachtstagen machten sehr viele Menschen noch einen Schnelltest, um ihre Angehörigen bei den Familientreffen zu schützen.

Auch Weltärztepräsient Frank Ulrich Montgomery warnte davor, sich mit einem negativen Schnelltest sicher zu fühlen. „Schnelltests sind gut, aber nicht vollkommen“, sagte Montgomery. „Psychologisch besteht eine große Gefahr. Wer einen negativen Schnelltest hat, wiegt sich und seine Angehörigen in trügerischer Sicherheit und missachtet eher die Aha–Regeln“, sagte der Vorsitzende des Weltärztebundes. „Viele vergessen, dass es sich nur um eine Momentaufnahme des Virusstatus handelt – schon zwölf Stunden später kann die Erkrankung ausgebrochen sein und noch symptomlos bleiben“, sagte Montgomery. Zudem sei die Fehlerquote deutlich höher als beim PCR-Test, dem normalen Corona-Test.

Der Chef des Verbandes der Intensivmediziner, Uwe Janssens, warnte vor einer dritten Infektionswelle im Januar. „Wir Intensivmediziner bitten die Leute dringend, an Weihnachten lieber nicht Oma und Opa zu besuchen, sondern wirklich zuhause zu bleiben. Nur maximale Kontaktbeschränkungen können verhindern, dass wir im Januar eine dritte Welle bekommen“, sagte Janssens unserer Redaktion.

Der Chef der Vereinigung der Intensiv- und Notfallmedizinr (Divi) kritisierte die Politik der Bundesländer scharf. „Die Zuspitzung der Lage haben wir dem Zögern 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten zu verdanken, die wochenlang keine Konsequenzen aus den stetig steigenden Infektionszahlen gezogen haben“, sagte Janssens. „Es mussten erst 600 Menschen pro Tag an Corona versterben, dass ein Umdenken und Einleiten von durchgreifenden Maßnahmen erfolgte – eigentlich zu spät“, so der Mediziner.  „Als Konsequenz wird das Pflegepersonal in den Krankenhäusern starke Belastungen während der Weihnachtsfeiertage, aber auch danach ertragen müssen. Keine guten Aussichten.“

Die Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, zeigte sich alarmiert angesichts vieler Bürger, die nach wie vor Regeln wie die Maskenpflicht nicht respektierten. „Wenn ich sehe, dass sich immer einige Menschen noch nicht an die Maskenpflicht und die Abstände halten, dann wird leider immer klarer, dass nur rigorose Verbote und Sanktionen helfen können, die Infektionszahlen einzudämmen“, sagte Teichert. Sie forderte dauerhaft 10.000 zusätzliche feste Kräfte für die Gesundheitsämter.

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