Demonstrationen nach Polizisten-Freispruch in New York Beamte feuerten 41 Schüsse auf unbewaffneten Einwanderer

New York (AP). Mit Wut und Unverständnis haben tausende Menschen in New York auf den Freispruch von vier weißen Polizisten reagiert, die einen unbewaffneten afrikanischen Einwanderer erschossen. Rund 2.500 Demonstranten protestierten am Samstag in der Innenstadt von Manhattan friedlich gegen das Urteil und forderten einen neuen Prozess vor einem Bundesgericht. Die Geschworenen hatten die vier Polizisten am Freitag von allen Vorwürfen freigesprochen. Die Beamten hatten im Februar 1999 nach eigenen Angaben in Notwehr insgesamt 41 Schüsse auf den unbewaffneten Guineer Amadou Diallo abgegeben.

Rund 40 Demonstranten wurden beim Versuch eines Sitzstreiks vor der St.-Patrick-Kirche festgenommen. In Newark, vor dem Diallos Haus in der Bronx sowie vor dem Sitz einer Bürgerrechtsbewegung in Harlem demonstrierten insgesamt über 500 Menschen. Auch in Diallos Heimatland wurde der Freispruch mit Empörung aufgenommen. "Die Nachricht, dass die Polizisten freigelassen wurden, ist sehr schockierend", sagte der Journalist Aboubacar Bah in der guineischen Hauptstadt Conakry.

Diallos Mutter Kadiatou sagte vor den Demonstranten in Harlem, nichts könne ihren Sohn ersetzen. "Wenn aber sein Fall helfen kann, dass die Menschen in Frieden zusammenleben können, wäre das eine große Ehre für uns." Das erste Verbrechen der vier Polizisten, die auf Diallo vor einem Jahr 41 Schüsse abfeuerten, sei gewesen, dass ihr Sohn allein wegen seiner Hautfarbe verdächtig gewesen sei.Organisatoren rufen zur Ruhe aufDer 22-jährige Diallo hatte vor den tödlichen Schüssen der Polizisten seine Brieftasche gezogen. Im Prozess sagten diese aus, sie hätten dies als Bedrohung empfunden und in Notwehr geschossen. Diallo wurde von 19 Kugeln getroffen. Die Geschworenen sprachen die Beamten im Alter von 27 bis 37 Jahren nach 20-stündigen Beratungen in Albany in allen Anklagepunkten frei. Das Verfahren lief seit April vergangenen Jahres.

Einer der Organisatoren des zivilen Ungehorsams, Pfarrer Al Sharpton, rief die Demonstranten zur Ruhe auf: "Wir wollen seinen Namen nicht mit Gewalt beflecken", sagte er in dem 43. Bezirk der Bronx, in dem Diallo erschossen wurde. "Kein Stein, keine Flasche soll geworfen werden, kein Zeichen der Gewalt von uns kommen." Er verglich Diallos Fall mit dem Skandal um den Schwarzen Rodney King, der 1991 in Los Angeles von Polizisten verprügelt wurde.

Demonstranten riefen: "Mörder" und forderten "Gerechtigkeit für Diallo". Zwei hielten Brieftaschen hoch und riefen den Polizisten entgegen: "Die sehen wie Waffen aus!" Rund 40 Bereitschaftspolizisten waren zuvor in Stellung gegangen.Giuliani spricht von "besonders gerechten Prozess"Nach der Urteilsverkündung brach Kadiatou Diallo in Tränen aus. Der Vater Saikou Diallo bezeichnete den Freispruch als zweiten Mord an seinem Sohn. Der New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani nannte den Tod des Einwanderers "eine große Tragödie". Das Urteil sei aber nach einem "besonders gerechten Prozess unter sehr, sehr schwierigen Bedingungen" gefällt worden, sagte Giuliani. Eine Sprecherin des Justizministeriums sagte in Washington, die Behörde werde prüfen, vor einem Bundesgericht Klage einzureichen. Auch eine Zivilklage gegen die Polizisten werde erwogen.

(RPO Archiv)
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