Vorwahlen der Republikaner in Florida Newt Gingrich geht die Luft aus

Orlando · Der Dienstag sollte für Newt Gingrich die Wende bringen. Nach einem Sieg bei den Vorwahlen in Florida wäre der alte Politfuchs endgültig zum Favoriten auf das Präsidenten-Ticket der Republikaner geworden. Einen Tag vor der Entscheidung liegt Gingrich in Umfragen deutlich zurück. Auch aus seinen Wahlkampfveranstaltungen ist die Luft raus.

Newt Gingrich – Wahlkampf ist harte Arbeit
8 Bilder

Newt Gingrich – Wahlkampf ist harte Arbeit

8 Bilder

Das christliche Gemeindezentrum am Rande von Orlando, in dem Newt Gingrich auftreten soll, hat den funktionalen Charme einer Mehrzweckhalle. In dem ockerfarbenen Flachbau treffen sich gewöhnlich evangelikale Latinos, die Kombination deckt gleich zwei wichtige Wählergruppen in Florida ab.

Gingrich kommt eine Dreiviertelstunde zu spät, drinnen harren vielleicht knapp vierzig Leute aus. Es läuft nicht rund für den republikanischen Präsidentschaftsbewerber kurz vor der wichtigen Vorwahl in dem bevölkerungsreichen US-Bundesstaat am Dienstag.

Wie ein erlahmter Enterich

In seiner kurzen Rede hämmert Gingrich dem Wahlvolk ein, warum es ihm und nicht seinem Rivalen Mitt Romney die Stimme geben müsse. "Nur ein solider Konservativer kann in Debatten gegen Barack Obama bestehen und gewinnen", ruft der frühere Chef des Repräsentantenhauses, doch seiner Stimme fehlt die Wucht. Hinter ihm prangt auf einer Leinwand das Bild eines Weißkopfadlers, das majestätische Wappentier der USA. Gingrich wirkt bei dem Auftritt am Wochenende in Orlando eher wie ein erlahmter Enterich.

Zum Abschluss bittet Gingrich die wenigen Zuhörer, ihre Freunde und Bekannten für ihn zu gewinnen. Das Publikum erhebt sich langsam von den grünen Stuhlreihen. Frederica Speir bleibt noch sitzen und erzählt von einer Romney-Kundgebung, an der sie am Vorabend teilgenommen habe. "Großartige Stimmung, viele Menschen", sagt die Rentnerin. Sogar der Gouverneur von Puerto Rico sei dagewesen. Für Gingrich trat lediglich der Bürgermeister von Aguadilla auf, einer Stadt auf der zu den USA gehörenden Karibikinsel.

Gingrich setzte auf Mond-Mission

Gingrich hatte den Kampf um die republikanische Präsidentschaftskandidatur mit seinem klaren Sieg in South Carolina vor gut einer Woche wieder spannend gemacht. Der Multimillionär Romney, der das Partei-Establishment hinter sich weiß und über Jahre eine mächtige Wahlkampfmaschine aufgebaut hat, schien plötzlich schlagbar.

Als Gingrich in Umfragen auch in Florida an Romney vorbeizog, stellten sich viele Republikaner die Frage: Könnte der Polit-Veteran tatsächlich für die Partei in das Duell mit Obama ziehen? Gingrich zog jedenfalls alle Register. Im Nasa-Staat Florida versprach Gingrich bis 2020 eine amerikanische Mondstation und eine bemannte Mission zum Mars. Romney konterte diese Träume kühl. Er wolle lieber Häuser in Amerika bauen als auf dem Mond.

Am Tag vor der Wahl sind die Umragen deutlich. Zwei Tage vor dem Urnengang hat Gingrich wieder einen Rückstand im zweistelligen Prozentpunkt-Bereich auf Romney. "Es sieht jetzt so aus, dass dieses Rennen vorbei ist", sagt Meinungsforscher Brad Cooker, der eine Erhebung für den "Miami Herald" geleitet hat. Romney müsste schon "implodieren", wenn Gingrich noch eine Chance haben wollte.

Romney überzeugend bei TV-Debatten

Mehrere Faktoren dürften das Blatt wieder zu Gunsten des Ex-Gouverneurs von Massachusetts gewendet haben. Romney machte eine gute Figur in den beiden Fernsehdebatten in Florida, während der begabte Rhethoriker Gingrich schwächelte. Vor allem aber ließ sich der Ex-Gouverneur in die Niederungen des Wahlkampfes herab und ging seinen Rivalen frontal an. Zuvor hatte Romney die unfeinen Aufgaben den mit ihm verbündeten Wahlvereinen, sogenannten Super-PACs, überlassen und nur Präsident Obama mit direkten Attacken gewürdigt.

Der Ex-Gouverneur erinnerte daran, dass Gingrich in den 90er Jahren wegen Verstößen gegen die ethischen Richtlinien des Kongresses bestraft worden war. "Er ist nicht der Anführer, den wir in diesen schwierigen Zeiten brauchen", wetterte Romney. Zugleich überzog sein Lager die TV- und Radiosender in Florida mit Wahlspots, die Gingrich in ein schlechtes Licht rückten. Romney habe sich auf den "Kriegspfad" begeben, urteilte die "New York Times".

Der Ex-Chef des Repräsentantenhauses warf seinem Kontrahenten vor, mit Hilfe von reichen Gönnern an der Wall Street Unwahrheiten über ihn zu verbreiten. Gingrichs Hoffnungen ruhen vor allem darauf, dass sich noch immer eine Mehrheit der Republikaner einen anderen Kandidaten wünscht als Romney, der nicht als echter Konservativer gilt. "Wenn man alle Nicht-Romney-Stimmen nimmt, dann wird es auf dem Parteitag wahrscheinlich eine Nicht-Romney-Mehrheit geben", sagte er. "Mein Job ist, das in eine Pro-Gingrich-Mehrheit umzuwandeln."

Ein Gingrich-Comeback in allerletzter Minute? Derzeit spricht nicht vieles dafür.

(AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort