US-Wahlkampf mit Newt Gingrich Die Stunde des Egomanen

Düsseldorf · Der alte Haudegen Newt Gingrich hat den Wahlkampf der Republikaner wieder spannend gemacht. Dabei war der der von sich restlos überzeugte 68-Jährige politisch bereits tot. Vor zehn Jahren war er wohl der unbeliebteste Politiker der USA. Doch vielen Konservativen gilt Gingrich-Konkurrent Mitt Romney als noch viel dubiosere Figur.

Newt Gingrich - ausgebuffter Polit-Profi
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Das Ergebnis der Vorwahlen in South Caroline war für die USA eine Sensation. Über 20 Prozentpunkte hatte Gingrich gegenüber dem haushohen Favoriten wettgemacht und ihn bei der so wichtigen Entscheidung in dem konservativen US-Bundesstaat deklassiert, quasi mit Schimpf und Schande aus der Stadt gejagt.

Dass er nun wieder aussichtsreich im Rennen ist, kann so wohl nur in Amerika passieren. Das Land hat eine Vorliebe für Comebacks und zweite Chancen. Für Gingrich ist es mindestens schon die dritte Chance. Seine große Zeit liegt schon lange zurück. Weil er so gut reden und wie kein anderer politischen Gegnern zusetzen kann, gelang seiner Partei Mitte der 90er Jahre ein furioser Wahlsieg bei den Kongresswahlen. Gingrich wurde mit einem einflussreichen Posten belohnt und wetterte fortan als Sprecher des Repräsentantenhauses.

Ein bizarrer Scherz

Damals regierte Bill Clinton im Weißen Haus. Die Lewinsky-Affäre wurde für Gingrich zum ersten Wendepunkt. Er attackierte den Präsidenten nach allen Regeln der Kunst — und ließ zeitgleich seine schwer erkrankte erste Ehefrau sitzen. Zudem erwies er sich als unzuverlässiger Egomane, selbstverliebt, sprunghaft, unberechenbar. Das war für seine konservativen Anhänger zu viel des Guten. Sie schämten sich regelrecht für ihren Sprecher und jagten Gingrich vom Hof. Er wurde zum Sinnbild des bigotten Politikers, der für die Karriere über Leichen geht. Seine Laufbahn schien am Ende.

Als er seine Kandidatur bei den Republikanern bekanntgab, um 2012 US-Präsident zu werden, erschien anfangs als eine bizarre Posse. Der alte Trickser nutzt halt alle Mittel, um sein neues Buch zu vermarkten, dachten viele. Gingrich hat sich auch als umtriebiger Autor historischer Bücher einen Namen gemacht.

Bei den TV-Debatten der Republikaner hinterließ er damals einen gelangweilten, unmotivierten Eindruck. Höhepunkt der Gingrich-Krise aus dem neuen Jahrtausend wurde der Sommer 2011: Fast alle seine Berater kündigten ihm die Gefolgschaft auf, weil sie es nicht mehr aushielten mit ihm und seinem herrischen Wesen.

Dreifach in der Krise

Wie South Carolina zeigte, kam es nur wenige Monate später völlig anders als gedacht. Gingrich setzte sich gegen den haushohen Favoriten Mitt Romney durch. Die Zerrissenheit der republikanischen Anhängerschaft wurde damit mehr als deutlich. Drei Vorwahlen, drei Sieger — das gab es noch nie.

Gingrich hatte das Glück, dass Romney gleich dreifach in die Krise geraten war: Zweifel an seiner Redlichkeit als Steuerzahler, den nachträglichen Verlust des ersten Platzes beim Caucus in Iowa, der Rückzug des konservativen Gouverneurs Rick Perry und dessen Empfehlung an die werte Anhängerschaft, demnächst für Perry zu stimmen.

Das Mormonentum weckt Skepsis

Dass der mit so schlechtem Leumund ausgestattete Gingrich nun aber auch bei der Wählerklientel der Christlich-Konservativen vorne lag, zeigt noch etwas anderes. Den Christen ist Gingrichs fragwürdiger Charakter definitiv lieber als der bekennende Mormone Romney.

Die noch junge Religion, die in ihren Grundüberzeugungen wie Fleiß, Redlichkeit und Enthaltsamkeit durchaus konservative Tugenden predigt, gilt vielen Amerikanern als dubiose Sekte. Ein Grund mehr, Romney nicht über den Weg zu trauen, der wegen seiner moderaten Ansichten ohnehin mit einem Glaubwürdigkeitsproblem zu kämpfen hat.

Die TV-Spots laufen schon

Dass ihm die Experten für die nächsten Vorwahlen am 31. Januar in Florida bessere Chancen einräumen als Gingrich, hat er lediglich seiner prall gefüllten Wahlkampfschatulle zu verdanken. In dem Flächenstaat laufen bereits seit Wochen teure Spots im Fernsehen, die die politische Konkurrenz niedermachen. Millionen.

Gingrich hingegen hat erst vor kurzem sein Wahlkampfbüro eröffnet. Seine Anhänger rief er zu Spenden auf, um gegen Romneys Finanzkraft bestehen zu können. "Wir haben nicht das Geld, das mindestens einer der anderen Kandidaten hat", sagte er mit Blick auf den Multimillionär.

Sehnsucht nach dem Anit-Romney

"Aber wir haben Ideen und wir haben Menschen." Und in South Carolina habe sich gezeigt, dass "Menschen mit den richtigen Ideen das große Geld schlagen" könnten.

Die für amerikanische Wahlkämpfe so typische Dynamik kann sich rasch ändern. Das gilt in diesem Jahr noch mehr als sonst, wie der schnelle Wechsel der Favoriten auf dem Schild der Republikaner belegt. Derzeit ist es Gingrich, der Rückenwind hat. Er kann sich bislang darauf verlassen, dass sich das konservative Wählerklientel nach einem Anti-Romney sehnt.

(pst)
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