Trotz Referendum Schweiz beschließt doch keine Obergrenze für Zuwanderung

Bern · Die Hälfte der Schweizer hat sich vor knapp drei Jahren gegen "Masseneinwanderung" ausgesprochen. Seitdem feilt die Regierung an einem Gesetz, das die Zuwanderung reguliert, ohne gegen EU-Prinzipien zu verstoßen - wie es aussieht, eine "Mission Impossible".

 In der Schweiz gibt es vorerst keine Obergrenzen und Kontingente (Symbolbild)

In der Schweiz gibt es vorerst keine Obergrenzen und Kontingente (Symbolbild)

Foto: dpa

Ohne Obergrenzen und Kontingente: Fast drei Jahre nach der Volksabstimmung gegen "Masseneinwanderung" hat sich die Schweiz für eine moderate Umsetzung der Initiative entschieden. Das Gesetz verzichtet aus Rücksicht auf EU-Prinzipien auf die ursprünglich geforderten jährlichen Höchstzahlen für ausländische Arbeitskräfte. Stattdessen sollen Arbeitsämter bei der Regulierung helfen. Die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) bezeichnete das Gesetz als "Kapitulation vor der EU". Sie hatte die Volksabstimmung 2014 mitinitiiert. Die SVP drohte mit einem neuen Referendum.

Brüssel hatte mehrfach deutlich gemacht, dass eine Einschränkung der Personenfreizügigkeit als Verletzung gegen das Gesamtpaket der bilateralen Verträge angesehen werde. Dieses garantiert nicht nur allen EU-Bürgern die freie Wohnsitz- und Arbeitsplatzwahl in der Schweiz und umgekehrt. Das Abkommen regelt auch den Zugang zum EU-Binnenmarkt, der bei einem Verstoß ebenfalls auf dem Spiel stehen würde. Mehr als die Hälfte der Schweizer Exporte gehen in die EU.

Mit einer knappen Mehrheit von 50,3 Prozent hatten die Schweizer im Februar 2014 für die "Masseneinwanderungsinitiative" gestimmt. Drei Jahre wurden für deren Umsetzung eingeräumt.

Zu einer von der Initiative auch geforderten Neuverhandlung der völkerrechtlichen Verträge zeigte sich die EU auch wegen des bevorstehenden Brexits bisher nicht bereit. Zugeständnisse an die Schweiz könnten einen Präzedenzfall für die Gespräche mit London schaffen.

Statt mit Obergrenzen soll die Zuwanderung mit einem anderen Hebel gesteuert werden: Die Arbeitsämter sollen künftig sehr genau darauf achten, ob Stellen mit in der Schweiz gemeldeten Arbeitslosen besetzt werden können. Das können aber auch dort gemeldete EU-Ausländer sein.
Ein Inländervorrang wäre damit quasi passé.

Das Gesetz erschwere lediglich die Rekrutierung neuer Angestellter, kritisierte SVP-Chef Albert Rösti in einem Interview. Die Umsetzung missachte den Volkswillen. Er drohte mit einem Referendum zur Kündigung der Personenfreizügigkeit, sollte die Zuwanderung weiter steigen.

(crwo/dpa)
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