Die Lage in den "Pleitestaaten" Griechenland das Dauerproblem, Irland schöpft Hoffnung

Brüssel (RPO). Irland und Griechenland haben eins gemeinsam, das Etikett "Pleitestaat". Beide Euro-Länder mussten vergangenes Jahr internationale Notkredite in Milliardenhöhe beantragen, um einen Staatsbankrott zu vermeiden. Doch Ursache und Verlauf der jeweiligen Krisen unterscheiden sich.

Während die Alarmmeldungen aus Athen über neue Milliardenlöcher, eine wankende Regierung und Ausschreitungen wütender Demonstranten nicht abreißen, bleiben Katastrophennachrichten aus Dublin aus.

Mit "Befriedigung" habe er von Irlands Regierungschef Enda Kenny erfahren, dass die im Gegenzug für die Nothilfe in Höhe von 85 Milliarden Euro vereinbarten Reformen "in der Spur sind, die gegenwärtigen Ziele erfüllt werden und die Erholung der Wirtschaft im Gang ist", sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Freitag in Dublin. Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou bekäme derzeit nicht so hoffnungsfrohe Worte zu hören.

Immobilienblase geplatzt

Dabei hat auch Irland seine Probleme. In dem einstigen Armenhaus Nordeuropas platzte nach wirtschaftlichen Boomjahren eine Immobilienblase, wodurch die Banken des 4,5-Millionen-Einwohnerlandes Milliardenhilfen benötigten. Das dadurch in die Staatskasse gerissene Loch war zu groß, als dass die Regierung in Dublin es im vergangenen Jahr alleine stopfen konnte.

Noch immer leidet das Land an den Folgen der Krise: Die Arbeitslosigkeit ist im Mai wieder gestiegen und liegt bei 14,8 Prozent, die Zinsen auf irische Staatsanleihen sind hoch.

Infolge der Immobilienkrise gibt es auf der Insel nach offiziellen Angaben 2846 unfertige Häuser, 33.226 weitere "Geisterhäuser" stehen vollkommen oder teilweise leer. Und auch bei der Reform des Bankensektors gibt es "noch viel Arbeit zu tun", wie EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Freitag in Dublin mahnte.

Kein zweites Hilfspaket für Dublin

Aber die Entwicklung Irlands gibt Hoffnung. Im Gegensatz zu Griechenland werde kein zweites Hilfspaket benötigt, betont die Regierung in Dublin stets. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2013 sei eine Rückkehr an die Finanzmärkte nötig, bis dahin sei der Finanzbedarf gedeckt, versicherte Finanzminister Michael Noonan vor wenigen Tagen.

Das Staatsdefizit von 32 Prozent im vergangenen Jahr hat Irland wie vereinbart auf rund zehn Prozent gedrückt, die Wirtschaft wird in diesem Jahr wohl wieder wachsen. Die Ratingagentur DBRS bewertet Irland sogar als eine der "offensten und flexibelsten" Volkswirtschaften.

Anders in Griechenland, wo die Wirtschaft am Boden liegt. Sie wird dieses Jahr weiter in der Rezession stecken. Ende April teilte die EU-Kommission mit, dass das Staatsdefizit Landes im vergangenen Jahr mit 10,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts deutlich höher als angenommen war. Die Schulden über rund 350 Milliarden Euro entsprechen der Leistung der griechischen Wirtschaft in anderthalb Jahren und damit weit mehr als in Irland.

"Überdehnter Staatssektor"

An der Ägäis droht die Krise derart zum Dauerzustand zu werden, dass der Internationale Währungsfonds zögert, seinen Anteil der Notkredite überhaupt noch zu überweisen. Weitere Zahlungen nach Athen werden von Einsparungen und Massenprivatisierungen abhängig gemacht.

Das Land müsse seinen "überdehnten Staatssektor" verschlanken, beschreibt Jürgen Stark aus dem Direktorium der Europäischen Zentralbank die Lage. Dabei kommt die Regierung in Athen jedoch nicht voran: Die maroden Staatsbetriebe erregen kaum Interesse.

Weitere Probleme erscheinen kurios: Letztes Jahr ließ die Regierung erstmal alle Beamten zählen. Sie hatte den Überblick über die Staatsbediensteten verloren, die Schätzungen reichten von 700.000 bis über eine Million Menschen, die für unterschiedlichste Tätigkeiten vom Staat Geld beziehen.

Auch die Renten tausender Verstorbener wurden offenbar an die Hinterbliebenen gezahlt. Die Situation in den Ländern, die Finanzhilfen erhielten, seien "sehr unterschiedlich", sagte Van Rompuy am Freitag. "Irland ist auf dem richtigen Weg."

(AFP/csr)
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