Papstwahl Ein Blick hinter die Kulissen des Konklaves

Rom (rpo). Wenige Dinge auf der Welt sind derart streng geregelt wie das Konklave. Der Ablauf folgt penibel dem "Ordo Rituum Conclavis", der alles bis ins Detail regelt. Im Folgenden können Sie einen Blick hinter die Kulissen werfen. Der Wahltag beginnt übrigens immer mit der Frühmesse. Das verwundert irgendwie auch nicht.

Schon ab sieben Uhr bewegen sich die ersten Kardinäle in kardinalsroter Soutane die langen, marmorverkleideten Flure entlang in Richtung Hauskapelle. Um 7.30 Uhr beginnt dort die Frühmesse, der Raum ist modern und hell im Stil der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts. Während die Kardinäle gegen 8 Uhr schweigend die Kommunion empfangen, dringt von draußen her leicht gedämpft der morgendliche römische Verkehrslärm hinein. Hupen und Bremsenquietschen sind die einzigen Mitteilungen der nichtvatikanischen Außenwelt an die Kardinäle in diesen Tagen.

Nach der Messe geht es zum Frühstück, das die Vinzentinerinnen vorbereitet haben. Kaffee oder Tee, Croissant oder Brot, so lauten die ersten Entscheidungsfragen des Wahltages. Es ist wenig ratsam, beim Frühstück Strategien für die kommenden Wahlgänge abzusprechen, denn alle Ohren hören mit, und Absprachen stehen unter Strafe der Exkommunikation. Strategien hat man, wenn überhaupt, schon in den Tagen vor dem Konklave abgesteckt. Manch einer wird auch schon versucht haben, ob die Zimmertelefone wenigstens untereinander in Verbindung stehen - oder ob sie so wie die Leitung nach außen bloß ein Besetztzeichen von sich geben.

Nach dem Frühstück setzen sich die Kardinäle zu Fuß oder im Bus in Richtung Sixtinische Kapelle in Bewegung. Pünktlich um 9 Uhr haben die Kardinäle an ihren Wahltischen Platz genommen. Als erstes hören sie eine Lesung, etwa aus dem ersten Korintherbrief: "Ich ermahne euch aber, Brüder, im Namen Jesu Christi, unseres Herrn: Seid alle einmütig, und duldet keine Spaltungen unter euch; seid ganz eines Sinnes und einer Meinung ...". Danach beten sie: "Wir bitten mit Vertrauen den Heiligen Geist, der die ganze Welt erfüllt, dass er uns an diesem Tag beisteht und uns mit seinem Licht erleuchtet."

Es folgen Bitten an den Heiligen Geist und ein Vaterunser, den Abschluss bildet eine Anrufung Gottes, dass er die Versammelten erleuchten möge. Erst nach dieser Einstimmung teilen die Zeremoniare die Stimmzettel aus. Auch der eigentliche Wahlvorgang läuft wie ein religiöser Ritus ab. Jeder Kardinal tritt mit dem gefalteten Stimmzettel in der Hand vor und ruft "Christus, der mich richten wird, zum Zeugen an", dass er seine Stimme dem gegeben hat, der nach seiner Meinung gewählt werden muss. Dann legt er den Zettel in die kostbar gestaltete Urne aus Edelmetall, verbeugt sich und geht an seinen Platz zurück.

Wenn die Zweidrittelmehrheit im ersten Wahlgang des Tages nicht erreicht ist, wird gleich darauf nochmals gewählt, eine Aussprache oder ein erneutes Gebet vorher gibt es nicht. Deshalb dauert der zweite Wahlgang nicht so lang wie der erste. Wenn auch er scheitert, werden die Stimmzettel unter Beimischung einer schwarzen Substanz verbrannt. Die Sitzung endet mit einem Danksagungsgebet. Danach kehren die Kardinäle zum Mittagessen ins Gästehaus Santa Marta zurück.

Beim Essen sitzen sie an Tischen mit je sieben Stühlen, die Schwestern kochen italienisch bis international. Nach dem obligatorischen Espresso ist dann endlich eine Pause. Bis kurz vor 4 Uhr nachmittags können die Kardinäle im Vatikan spazieren gehen, einen Mittagsschlaf halten oder lesen - und vielleicht auch einander in den Zimmern besuchen. Selbst Gelegenheit zur Beichte besteht, Beichtväter mehrerer Sprachen stehen zur Verfügung. Ab 16.00 Uhr wird wieder zwei Mal gewählt, wieder stehen am Anfang Schriftlesung und Gebete. Wenn auch abends der schwarze Rauch aufgestiegen ist, wird es Zeit zum Abendessen. Nur in der Zeit zwischen Abendessen und der nächsten Frühmesse ist nichts geregelt: Wieder eine Gelegenheit zu informellen Gesprächen oder zur Besinnung. Denn Fernsehen, Handys und Internet bleiben ausgesperrt, die Männer in Rot sollen sich auf das Wesentliche konzentrieren.

(afp)
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