Papstwahl Ratzingers Heimatdorf zwischen Stolz und Wehmut

Pentling (rpo). Kardinal Ratzinger soll bei der Papstwahl bekanntlich gute Chancen haben. Sein Heimatdorf Pentling (bei Regensburg) verfolgt die Geschehnisse in Rom aber mit gemischten Gefühlen. Natürlich ist man stolz auf den bekannten Nachbarn. Viele Einwohner machen sich aber auch Sorgen.

Meist ist der Herr des Hauses aber ohnehin nicht da. "Ich wohne seit vier Monaten hier, aber gesehen habe ich ihn noch nicht", erzählt eine junge Frau aus dem Nachbarhaus. Kein Wunder, denn wie die Anwohner übereinstimmend berichten, kommt der Kurienkardinal nur vier bis fünf Mal im Jahr nach Pentling. "Da kann man nicht meckern - so ruhige Nachbarn wünscht man sich", fügt Apotheker Farsad Samii lachend hinzu, der Ratzinger als "sehr liebenswürdig und freundlich" schätzt.

Während der langen Phasen der Abwesenheit des Kardinals sorgen Therese und Rupert Hofbauer dafür, dass das Haus in Schuss bleibt. "Wir kümmern uns um alles", umreißt der Hausverwalter sein Aufgabengebiet, das von der Pflege des Gartens bis zu Reparaturarbeiten am Haus reicht, und schiebt frisch geschnittene Äste zu einem Haufen zusammen.

Auch wenn Ratzinger die überwiegende Zeit im fernen Rom weilt, in die Gemeinde integriert sei er schon. "Wenn zum Beispiel von der Feuerwehr etwas eingeweiht wird, ist er da", weiß Ingeborg Rauber, die ebenfalls in der Bergstraße wohnt. Die meiste Zeit wandere Ratzinger während seiner seltenen Aufenthalte aber zusammen mit seinem Bruder im Garten herum.

Aber auch außerhalb seines eigenen Grundstücks könne sich der Kardinal ungestört bewegen, versichert Bürgermeister Albert Rummel: "Bei uns kann er noch spazieren gehen, ohne dass er angesprochen wird." Trotz aller Diskretion ist der Ehrenbürger der Gemeinde aber "sicher Gesprächsthema im Ort", auch wenn das dem ruhigen und zurückhaltenden Mann "bestimmt nicht Recht wäre". Es sei eben schon "interessant, dass ein Mann, der bei uns wohnt, so im Mittelpunkt steht".

"Beliebt ist er in Pentling", ist auch die langjährige Messnerin des Ortes, Rosina Hopfensperger, überzeugt. Über die Qualitäten, die ein künftiger Papst mitbringen sollte, gehen in dem kleinen Ort allerdings die Meinungen auseinander: Paul Hanauer, der Zeit seines Lebens direkt neben der Ortskirche wohnt, hofft auf einen jüngeren und etwas moderneren Papst. Dagegen glaubt die Messnerin, dass Ratzinger "besser" wäre als Johannes Paul II. - "strenger". Ratzingers Bruder Georg ist sich dagegen sicher, "dass er nicht Papst wird". "In dem Alter nimmt man so eine Aufgabe nicht mehr an", meint er.

"Ich wünsche ihm, dass er's wird", sagt hingegen sein Hausverwalter. "Aber uns Bürgern wär's vielleicht lieber, wenn er es nicht würde." Denn würde Ratzinger zum Papst gewählt, wäre der allerorts beliebte und geschätzte Mann "für uns verloren", sagt Hofbauer und bückt sich wieder nach den Ästen aus dem Garten des Kardinals.

(afp)
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