Podcast Tonspur Wissen „Wir brauchen keine Angst davor zu haben, Spinnen im Schlaf zu essen“

Interview | Düsseldorf · Spinnen leisten einen wertvollen Beitrag als Schädlingsbekämpfer. Trotzdem fürchten sich viele Menschen vor ihnen. Arachnologe Peter Jäger erklärt im Podcastinterview, warum das eine kulturell erlernte und meist unbegründete Angst ist, welche Spinne mit ihrem Gift gefährlich für den Menschen sein kann und wieso er sich gelegentlich mit Absicht beißen lässt.

Viele Menschen würden auf die Frage, welches Tier sie auf der Erde am Gruseligsten finden, wahrscheinlich die Spinne nennen. Doch warum sind vielen Menschen Spinnen so unheimlich? Wie leben sie? Sind alle giftig? Können alle Spinnen springen? Antworten darauf liefert in der aktuellen Episode des RP-Podcasts „Tonspur Wissen“ Dr. Peter Jäger, Leiter des Teams „Arachnologie“ am Senckenberg-Forschungsinstitut und Naturkundemuseum Frankfurt am Main.

Herr Jäger, wozu braucht die Welt Spinnen?

Peter Jäger Ganz plakativ gesagt: Möchte man ein Spinnennetz im Zimmer haben oder lieber viele Mückenstiche in der Nacht? An so einem kleinen Beispiel wird vielen Menschen klar, dass Spinnen für irgendetwas gut sind. In der Landwirtschaft haben Spinnen sogar einen wirtschaftlichen Faktor, da sie Gegenspieler von vielen Schadinsekten sind.

 Dr. Peter Jäger, Leiter des Teams „Arachnologie“ am Senckenberg-Forschungsinstitut und Naturkundemuseum Frankfurt am Main.

Dr. Peter Jäger, Leiter des Teams „Arachnologie“ am Senckenberg-Forschungsinstitut und Naturkundemuseum Frankfurt am Main.

Foto: Dr. Peter Jäger/Senckenberg-Forschungsinstitut

Wenn wir keine Spinnen hätten, hätten wir also mehr Mückenstiche?

Jäger Auf das Einfachste reduziert, ja.

Was ist denn eine Spinne?

Jäger Eine Spinne hat zunächst einmal keine Wirbelsäule wie Säugetiere, Fische, Vögel, Reptilien und Amphibien. Wir befinden uns also im Reich der wirbellosen Tiere. Dort gibt es Tiere, die einen Außenpanzer haben, ein sogenanntes Exoskelett mit gegliederten Beinen. Diese Tiere nennt man Gliederfüßer. Dazu gehören Insekten, Tausendfüßer, Krebstiere und eben auch Spinnentiere. Letztere haben dazu noch eine Besonderheit. Sie haben acht Laufbeine und vorne zusätzlich noch kleine, reduzierte Beine, die sich Pedipalpen oder auch Taster nennen. Und schließlich haben sie noch die berühmten Chelizeren, was die kleinen Beißwerkzeuge sind. Die sind bei den verschiedenen Ordnungen zwar ganz unterschiedlich ausgestattet und entwickelt, kommen grundsätzlich aber bei allen vor. Dazu haben Spinnen noch andere Eigenschaften, wenn man zum Beispiel auf ihre Gift- und Spinndrüsen schaut. Zudem haben sie in der Regel passend zu den acht Beinen auch acht Augen.

Die Spinne hat also eine schützende Außenhülle anstelle von Knochen. Was ist denn in diesem Panzer genau drin?

Jäger Zunächst einmal ist das in den meisten Fällen ein starrer Panzer, der es unmöglich macht, innerhalb davon zu wachsen. Dafür muss die Außenhaut immer wieder abgeworfen werden, was man Häutung nennt und was alle diese Tiere machen. Im Panzer drinnen befindet sich dann ein Nervensystem, Muskeln, Blutgefäße, ein Verdauungs- und natürlich das Fortpflanzungssystem, welche alle schützend unter dem Panzer verborgen sind. Dazu kommen noch versteifende Elemente wie Muskelfasern oder sogenannte Apodeme. Das sind von außen nach innen ragenden Strukturen, an denen Muskeln sitzen. Die Evolution hat sich da schon einiges einfallen lassen.

Spinnen haben also wie Insekten und Krebse ein Exoskelett. Was unterscheidet die Spinne denn von diesen Tieren?

Jäger All diese Tiere sind haben sich aus ehemals ganz ähnlich segmentierten Tieren entwickelt. Am besten kann man sich das bei einem Regenwurm oder einem Tausendfüßer vorstellen. Viele Segmente sehen bei beiden ganz ähnlich aus. Bei der Evolution haben sich in den Vorläufern der Gliederfüßer einige Segmente zusammengeschlossen. Das nennt man Tagmatisierung, wenn verschiedene Anzahlen von Segmenten in Tagmata zusammengefasst werden. Bei den Insekten haben wir zum Beispiel drei Beinpaare, also drei von diesen Segmenten im Brustbereich. Bei den Spinnen haben wir mit den vier Beinpaaren, den Tastern und den Chelizeren insgesamt also sechs dieser Segmente im Vorderleib verschmolzen. Hinten sind es insgesamt zwölf. Man sieht, dass in der Evolution so ganz verschiedene Baupläne entstanden sind, die die Grundlage für die heutige Vielfalt sind.

Sind Spinnen im Allgemeinen denn giftig?

Jäger Im Grunde schon, dafür sind die Giftdrüsen ja da. Allerdings gibt es wenige Ausnahmen. Bei zwei Familien sind die Giftdrüsen reduziert. Das heißt, sie haben keine mehr oder die Drüsen haben sich noch nicht entwickelt. Das sind allerdings nur 200 bis 300 Arten von insgesamt über 50.000. Bevor wir jetzt aber Angst bekommen, muss man wissen, dass die pure Existenz eines Giftes ja nichts Bedrohliches ist. Es müsste also über diese kleinen Giftklauen wie mit einer Injektionsnadel in unsere Haut gelangen. Bei den über tausend Spinnenarten in Deutschland zum Beispiel schaffen das nur die Wenigsten, wenn sie das überhaupt wollten. Zudem ist es bei diesen Arten meist so, dass das Gift nur in winzigen Mengen injiziert wird und auf unseren menschlichen Körper so schwach wirkt, dass wir überhaupt nichts davon merken würden. In ganz wenigen Fällen haben wir tatsächlich auch eine winzige Giftwirkung, die man sich ähnlich einer Berührung mit Brennnesseln vorstellen kann. Die meisten Spinnen wollen uns aber gar nicht beißen.

Also es gibt über 50.000 verschiedene Spinnenarten, von denen 200 bis 300 nicht giftig sind. Was ist mit den wenigen Spinnenarten, deren Gift wirklich schmerzen kann?

Jäger Es gibt nicht nur welche, deren Gift uns weh tun kann. Das Gift der schwarzen Witwe, der brasilianischen Wanderspinne oder der australischen Trichternetzspinne kann tatsächlich auch Schäden anrichten, wenn wir gebissen werden. Da reden wir von den eigentlichen Giftspinnen, welche man allerdings anhand der Toxine, also den Gift-Komponenten, unterscheiden muss. Ich habe einmal eine Dornfinger-Spinne in meinen Daumen beißen lassen und anschließend ein Muskelzucken gehabt. Dieses Gift hatte also irgendeine Wirkung auf meine Muskel-Zellen gehabt, wodurch diese von selber gezuckt haben. In diesem Gift ist also eine Neuro-Komponente drin.

Sie lassen sich von Spinnen beißen, um herauszufinden, ob es wehtut?

Jäger Ja, bedingt. Aber natürlich bin ich nicht so dumm und nehme eine hochgiftige Spinne. Wie sowas enden kann, hat man bei dem australischen Naturfilmer Steve Irwin gesehen, der am Gift eines Stachelrochens gestorben ist. Das mache ich natürlich nicht. Aber ich habe mich tatsächlich schon von verschiedenen Spinnen beißen lassen. Als kleiner Junge mit 13, 14 Jahren war ich neugierig. In Deutschland mache ich das mit Spinnen wie der eingewanderten Nosferatu-Spinne....

.. die ganz gefährlich sein soll!

Jäger … um zu zeigen, dass sie eben nicht gefährlich ist und sich ihr Gift höchstens wie das Jucken und Brennen von Brennnesseln anfühlt. Zudem hört es schnell wieder auf.

Also vor den in Deutschland vorkommenden Spinnen muss man sich keine Sorgen machen?

Jäger Das stimmt.

Was ist mit Skorpionen?

Jäger Skorpione sind Spinnentiere, aber sie können keine Spinnenfäden produzieren. Inzwischen gibt es auch bei uns einige wenige, eingeschleppte Skorpions-Arten wie die kleinen Waldskorpione, die früher am südlichen Alpenrand ihre natürliche Verbreitungsgrenze hatten. Inzwischen findet man diese Tieren auch immer mal wieder in Deutschland. Auf kurz oder lang werden solche Skorpione auch weiter nördlich bei uns vorkommen. Aber die sind vollkommen harmlos. Wir müssen jetzt keine Sorge haben, dass hochgiftige Spinnen, Schlangen und Skorpione auf einmal mit dem Klimawandel nach Deutschland hereinströmen. Das ist unmöglich.

Warum nicht? Warum sind die Tiere hier weniger giftig als woanders?

Jäger Da müsste man eher die Frage stellen, ob es einen entscheidenden Grund für das Verbreitungsmuster giftiger Tiere gibt. Ich kann dazu keine Antwort geben. Vermuten würde ich wie bei allen anderen Fragen zur Biodiversität, dass in den tropischen Regionen aufgrund der dort vorhandenen Vielfalt auch die meisten der giftigen Tiere entstanden sind. Hier in Deutschland ist es nur ein kleiner Teil der auf der Welt lebenden Vielfalt, der sich an die hiesige Klimabedingung anpasst und sich wohlfühlt. Durch den Klimawandel bekommen wir aber einige interessante Arten aus dem Mittelmeer hinzu.

Vor denen wir uns aber erst einmal auch keine Sorgen machen müssen. Machen denn alle Spinnen Netze?

Jäger Alle Spinnen können Fäden spinnen. Wenn man zum Beispiel einen Ei-Kokon als Gewebe oder Netz bezeichnet, dann ja. Es gibt auch Spinnen, die kein Fangnetz bauen, aber ihre Röhre auskleiden. Das ist auch ein Netz. Ein Netz ist ja immer nur ein Konstrukt aus Fäden, welche die Spinne produziert hat. Aber nicht alle Spinnen machen auch Fangnetze. Genug Spinnen ernähren sich jagend, lauern dabei tags oder nachts auf Beute oder streunen wie die Wolfspinnen aktiv herum.

Die großen Spinnennetze werden also nur von einer bestimmten Art von Spinnen gesponnen, welche Fangnetze machen und das Gift nutzen, um die Insekten zu fangen, töten und zu fressen. Spinnen sind daher also fast immer giftig, um ihre Opfer zu betäuben?

Jäger Genau.

Können von den jagenden Spinnen, von denen sie gerade erzählt haben, auch alle springen?

Jäger Das würde ich nicht sagen. Eine Speispinne, die in unseren Wohnungen jagt, kann das nicht. Dazu braucht es in den hinteren Beinpaaren entsprechende Muskelvorrichtungen. In Deutschland haben das hauptsächlich Springspinnen oder Luchsspinnen. Bei den Springspinnen sind die Muskeln besonders deutlich ausgeprägt. Sie können sehr weit und gezielt springen und haben zusätzlich noch einen tollen Gesichtssinn. Damit wissen sie, wie weit sie springen müssen, um ihre Beute auch zu erreichen.

Wie sehen Spinnen eigentlich? Immerhin haben sie viele Augen, was sie neben den ebenso vielen Beinen ja so unheimlich macht.

Jäger Je nach Betrachtung macht sie das auch sympathisch oder interessant. Im Grundmuster haben Spinnen acht Augen. Darunter gibt es zwei Gruppen. Die zwei vorderen Mittel-Augen bilden eine Gruppe. Die sechs anderen Augen gehören einer anderen Gruppe an und sind eigentlich aus zerfallenden Facettenaugen entstanden.

Womit die Lichtsensoren von Insekten gemeint sind.

Jäger Die bei Insekten und anderen fossilen Tieren, z. B. den Trilobiten, vorkommen, genau. Irgendwann im Laufe der Evolution sind diese Facettenaugen zerfallen. Die Spinnen haben drei Paare davon abgekriegt, bei den Skorpionen sind es teilweise noch mehr. Nehmen wir zum Beispiel eine Vogelspinne....

.... die großen Tiere mit den markant haarigen Beinen?

Jäger Exakt. Vogelspinnen haben vorne an ihrem Vorderkörper acht Augen auf einem sogenannten Augenhügel. Was den Gesichtssinn angeht, sind die Tiere damit aber sehr schlecht ausgestattet. Sie können mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nur hell und dunkel unterscheiden. Vielleicht auch Schatten und bestimmte Umrisse erkennen, aber viel mehr trauen wir ihnen nicht zu. Vogelspinnen sind zudem vielfach nachtaktiv, wodurch solche Augen bei der Beutejagd oder bei der Flucht sowieso nicht viel her machen. Von daher müssen sie sich auf ein ganz anderes Sensorium verlassen, nämlich Tasthaare, Spaltsinnesorgane und Hörhaare.

Weswegen sie also so haarig sind? Weil sie so schlecht sehen und sich daher mit ihren Haaren orientieren?

Jäger Das kann man so nicht sagen. Bei den Vogelspinnen sind das jetzt nicht alles irgendwelche Sinneshaare. Der Pelz ist vielleicht auch ein Schutz gegen Feinde, Verdunstung, stellt Farbmuster zur Tarnung dar oder ähnliches.

Würde er ihnen in Mitteleuropa dabei helfen, sich warm zu halten?

Jäger Um hier leben zu können, müssten diese Spinnen evolutionär wohl erst einmal etwas kleiner werden. Aber sonst ist das ein schöner Gedanke.

Spinnen haben also viele Augen, von denen aber nur zwei wirklich Sehwerkzeuge im engeren Sinne darstellen. Bei dem Rest handelt es sich also eher um eine Form von Lichtsensoren, mit denen die Tiere sich orientieren?

Jäger Die restlichen Augen sind auch Augen und haben auch ihre Aufgaben. Bei der Springspinne ist das am deutlichsten differenziert. Da sind die vorderen Mittelaugen qualitativ gute Augen. Alle anderen sind im Vergleich eher Bewegungsmelder. Sie können damit ein bisschen was sehen, sind aber meist nur gut genug, um Bewegungen wahrzunehmen. Beim überwiegenden Teil der Spinnen ist es so, dass die sich nicht unbedingt auf den Augensinn verlassen. Spinnen arbeiten und orientieren sich mit einer anderen Sensorik.

Fühlen Spinnen auch mit ihren Spinnennetzen, ob sich da etwas verfangen hat?

Jäger In solchen Fällen kann man das Netz sogar als einen verlängerten Teil ihre Sensorik beschreiben. Solange sie mit dem Netz in Verbindung stehen, ist es also sozusagen ein verlängertes Körperteil.

Wie alt werden Spinnen eigentlich?

Jäger Der allergrößte Teil der über 1000 in Deutschland lebenden Arten wird nur ein Jahr alt. Das Weibchen legt die Eier und die Eier schlüpfen dann meist in der Vegetationsperiode des Jahreszyklus, wenn es wärmer ist. Dann frisst die Spinne, wächst heran, paart sich und der Kreislauf schließt sich mit dem Kokon-Bau und dem Eierlegen. Eine Ausnahme ist unsere Gartenkreuzspinne. Die wird tatsächlich zwei Jahre alt. Das heißt, sie muss als Subadultus, als Teenager, einen Winter überstehen. Im nächsten Jahr geht es dann weiter. Dann gibt es bei uns ganz noch wenige Arten, die älter werden. Die Tapezierspinnen zum Beispiel, welche mit den Vogelspinnen verwandt sind. Das vermutet man auch bei der Zitterspinne und bei der Hausspinne. Die großen Rekorde findet man aber in den wärmeren Klimaten. In Australien hat die Arachnologin Barbara York Main eine Vogelspinnen-Verwandte über 35 Jahre immer wieder in ihrem Garten markiert. Auch in der Gefangenschaft ist es gelungen, Spinnen über 30 Jahre zu halten.

Man denkt immer, Spinnen kommen im Herbst und Winter ins Haus, um es warm zu haben. Aber wenn die Spinnen bald darauf schon sterben, lohnt sich das doch gar nicht mehr?

Jäger Spinnen denken nicht ganz so rational. Man darf sich nicht vorstellen, dass im kalten Herbst eine Armada von Spinnen mit einem Infrarot-Gerät im Garten sitzt, die dann zu Zehntausenden ins Haus stürzen, sobald sie darauf rote, also warme, Fenster erblicken.

Den Eindruck habe ich aber manchmal bei uns.

Jäger Dann haben sie vielleicht ein schönes Haus in einer besonders schönen, naturnahen Lage. Normalerweise ist es so, dass Spinnen eine Nahentscheidung treffen können, wenn sie vor einem geöffneten Fenster sitzen. Wir würden es da wohl ganz ähnlich machen. Wenn es uns am Adventsmarkt zu kalt wird, gehen wir auch an einen wärmeren Stand oder dorthin, wo ein Feuer brennt. Das machen Spinnen ganz genauso. Wenn ein Fenster offensteht, haben sie eine vor sich liegende Temperaturorgel, an der entlang sie sich ins Warme hineinbegeben. Das dort eine viel zu trockene Luft herrscht, fast keine Beute zu finden ist und auch noch Menschen nach ihrem Leben trachten, können die Spinnen natürlich nicht ahnen.

Warum sind Spinnen den Menschen denn so unheimlich? Ich kenne außer ihnen kaum jemanden, der sagen würde, dass er Spinnen gerne mag.

Jäger Ich kenne natürlich ein paar mehr. Alleine die Deutsche Arachnologische Gesellschaft zählt schon über tausend Mitglieder. Das sind diejenigen, die Vogelspinnen in Mitteleuropa züchten. Aber ihre Frage ist nicht ganz leicht zu beantworten. In manchen Ländern, in denen ich immer wieder unterwegs bin, lösen Spinnen eher Respekt denn Ekel aus. Die Menschen wissen dort auch mit großen Vogelspinnen umzugehen, ohne gebissen zu werden. In Nord-Kambodscha oder im Amazonas werden sie sogar gegessen. Man kann jetzt also nicht unbedingt sagen, dass jedem Menschen eine Spinnenangst angeboren ist. Das habe ich auch bei meinen eigenen Kindern gemerkt, als ich ihnen in jungen Jahren eine Vogelspinne gezeigt habe. Erst als sie älter wurden und in die Schule gekommen sind, haben sie tatsächlich eine Angst entwickelt, vorher nicht. Eine Spinnenangst wird also meistens erlernt.

Zuletzt noch eine Frage, die sie sicherlich häufiger gestellt bekommen. Jeder Mensch soll ja im Durchschnitt acht Spinnen jährlich im Schlaf verschlucken, wenn die Tiere über das Bett marschieren und in unsere offenen Münder fallen. Stimmt das?

Jäger Ich würde das mit ja beantworten, falls jemand auf dem Fahrrad schläft oder auf die Wörter „im Schlaf“ in der Aussage verzichtet. Im Herbst sind viele „balloonende“ Spinnen unterwegs. Also ganz kleine Spinnen, die vom Wind verweht werden. Wenn wir im Herbst also durch die Lande laufen, werden die Spinnen natürlich auch aus Versehen in den Mund geweht. Wie kleine Fruchtfliegen, die wir in der Regel gar nicht merken. Im Schlaf brauchen wir aber keine Angst vor Spinnen in unseren Mündern haben. Aus einem ganz einfachen Grund. Wir haben unsere Betten meist auf vier Füßen stehen, die aus Metall oder Holz sind. An diesen Füßen kommen Spinnen erst einmal ganz schlecht hoch. Von der Decke seilen die sich ebenfalls höchst unwahrscheinlich ab, um dann in unserem Bett zu landen. Falls doch, müssten sie danach erst einmal unsere REM [Rapid Eye Movement]-Phasen überstehen, in denen wir uns im Schlaf besonders viel bewegen und aktiv sind. Für eine kleine Spinne fühlt sich das wie ein Erdbeben an. Hätte man ein Wasserbett, wäre es ein Tsunami. Das sind also Reize, die Spinnen absolut schnell in die Flucht schlagen. Hätte die Spinne aber auch das überwunden und wäre tatsächlich vor unserem Mund gelandet, müsste sie noch eine weitere Barriere überwinden. Schließlich atmen wir, was aus der Nähe für die Spinne einem Orkan oder Hurrikan gleichkommt. Wir brauchen also keine Angst zu haben, dass wir Spinnen im Schlaf essen.

Vielen Dank für dieses beruhigende Gespräch!

Protokolliert von Christopher Trinks. Zur besseren Lesbarkeit, redigiert.

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