Vor ISS-Mission Astronaut Reiter fürchtet nur die Langeweile

Köln (rpo). Der deutsche Kampfpilot und Astronaut Thomas Reiter steht als erster ESA-Astronaut vor einer Langzeitmission auf der internationalen Raumstation ISS. Das Restrisiko einer jeden Mission nimmt er dabei in Kauf. "Es ist weder Raum noch Grund dazu, Angst zu haben", meint Reiter. Der 47-Jährige gibt aber zu, vor einer Sache schon ein wenig Furcht zu haben: Langeweile.

Die ISS-Kosmonauten sind wieder da
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Foto: AFP

Reiter soll mit einer US-Raumfähre als erster ESA-Astronaut zu einer Langzeitmission zur internationalen Raumstation ISS starten. Am 1. Februar 2003 starben sieben Raumfahrer, darunter zwei Frauen und der erste israelische Astronaut, als das Space-Shuttle "Columbia" beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre wegen eines Risses im Hitzeschild zerbarst. Seither bemühten sich die Ingenieure der NASA, die verbliebenen drei Raumfähren "Discovery", "Atlantis" und "Endeavour" so zu verbessern, dass die für den Betrieb der ISS entscheidend wichtigen Flüge wieder aufgenommen werden können.

"Man denkt sehr wohl nach über das, was damals passiert ist", sagt Reiter. Sein Vertrauen in die NASA, die russische und die europäische Seite sei aber groß genug, "dass alles Menschenmögliche getan wurde, dass sich das nicht wiederholt". Seit Ende April trainiert er im Europäischen Astronautenzentrum in Köln für die wissenschaftliche Seite der geplanten Mission. "In dem Maß, in dem man sich in solchen Situationen zurecht findet, wächst das Vertrauen", erklärt der 47-Jährige.

Reiter wurde am 23. Mai 1958 in Frankfurt am Main geboren. Er ist verheiratet, hat zwei Söhne. Hobbys sind Fechten, Badminton, Kochen und Gitarrespielen. Letzteres hat er sogar schon im Weltall betrieben, während seines 179-Tage-Aufenthalts in der alten russischen Raumstation "Mir" von September 1995 bis Februar 1996.

Reiter erwarb einen Abschluss in Luft- und Raumfahrttechnologie an der Bundeswehr-Hochschule in Neubiberg bei München. Danach flog er "Alpha-Jet"-Jagdbomber, später schulte er auf "Tornado" um. In Manching und in der britischen Elite-Einrichtung Boscomb Down wurde er zum Testpiloten ausgebildet.

Auch Schattenseiten

1992 stieß der Kampfpilot zum europäischen Astronautenkorps in Köln. Bei seinem Erstflug zur "Mir" arbeitete er - neben den wissenschaftlichen Experimenten - als Bordingenieur und verließ die Kapsel zwei Mal zu Außenarbeiten im luftleeren Raum. Seit April 2001 bereitet er sich zusammen mit seinem Ersatzmann, dem Franzosen Léopold Eyharts, auf den ersten Langzeitflug eines ESA-Astronauten in der ISS vor.

Die Mission auf der ISS, an der Reiter formal als russisches Mannschaftsmitglied teilnimmt, soll sechs bis sieben Monate dauern. Erstmals seit dem Stopp der Shuttle-Flüge wird dann wieder eine dreiköpfige Stammbesatzung an Bord sein - höchste Zeit, wie Reiter meint, denn zwei Mann seien mit der Wartung der Raumstation so beschäftigt, dass nur sehr wenig Zeit für Wissenschaft bleibe.

Langeweile sei etwas, das er fürchte, meint Reiter. Er sei aber sicher, dass es dazu nicht kommen werde. "Ich freue mich da eigentlich auf alles", erklärt der Astronaut: "Der Ausblick auf die Erde, das Gefühl der Schwerelosigkeit, der Blick auf den Sternenhimmel, die herausragenden Aufgaben, die man da zu tun hat, die sind einfach eine tolle Herausforderung."

Die Arbeit an Bord habe allerdings auch Schattenseiten. "Wenn man mehrere Monate dort oben war, wenn man merkt, dass man doch in einer sehr begrenzten Umgebung permanent unter Zeitdruck arbeitet, dass das Essen doch nicht so gut schmeckt wie zu Hause gekocht, dass man seine Familie immer nur über Telefon oder Video sieht, dann ist das nach einigen Monaten etwas, was man schon bemerkt." Man beginne dann, "die Monate bis zur Rückkehr zu zählen, die Wochen, die Tage die Stunden, das ist ein typisches Anzeichen", gibt Reiter zu.

(ap)
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