Der Kampf am Berg Montblanc: Umweltschützer gegen Wiedereröffnung des Tunnels

Chamonix (AP). Am höchsten Berg Europas wird gekämpft. Im September soll der Montblanc-Tunnel zwischen Frankreich und Italien wieder eröffnet werden, 30 Monate nach der Brandkatastrophe mit 39 Toten. Doch Umweltschützer und Anwohner wehren sich gegen die Blechlawine von täglich bis zu 5.000 Lastwagen, die sich wieder durch den 11,6 Kilometer langen Tunnel unter dem gewaltigen Bergmassiv wälzen soll.

"Wenn wir die Lkw hier stoppen können, werden die Transportwege überall in Frage gestellt", hofft der Anwalt des Vereins zum Schutz des Montblanc, Thierry Billet. "Wir haben einen Menschen auf den Mond gebracht. Es sollte doch möglich sein, uns etwas auszudenken, was nicht menschliches Leben ruiniert", meint auch der Präsident der Bergführer-Vereinigung am Montblanc, Xavier Chappaz. Der Tunnel dürfe schon wieder eröffnet werden, aber bitte nicht für den Autoverkehr: "Vielleicht für Skifahrer. Rollerblades. Irgendetwas. Wir müssen jetzt einfallsreich sein."

Die Luft am "Dach Europas" ist seit der Sperrung des Tunnels viel besser geworden. Der Wintersportort Chamonix verbuchte im letzten Jahr ein Plus von 20 Prozent beim Tourismus. "Die Leute hier wollen keine Lastwagen", sagt Bürgermeister Michel Charlet. Der Wirtschaft gehe es so gut wie nie. "Wir sind wieder ein friedliches, sauberes Bergdorf."

Doch Ende Januar einigten sich die Regierungen Frankreichs und Italiens auf die Wiedereröffnung des Tunnels im September. Zugleich beschlossen sie den Bau einer entlastenden Eisenbahnverbindung zwischen Lyon und Turin, die jedoch frühestens 2015 fertig ist. Bis dahin dürfte sich der Güterverkehr mehr als verdoppelt haben.

"Wir sehen, dass einige Leute gegen eine Wiedereröffnung sind, aber was ist die Alternative?", fragt Dominique Van Peteghem vom Tunnelprojekt: "Wir machen im Interesse der Allgemeinheit weiter." Für viele Spediteure bedeutet der Umweg durch den Frejus-Tunnel hohe zusätzliche Kosten.

Die Umweltschützer wehren sich vor Gericht. So klagten sie, weil die Betreibergesellschaft die Sanierungsarbeiten ohne Abschätzung der Folgen für die Umwelt vorantreibe. Der Staatsrat, das höchste französische Verwaltungsgericht, wird voraussichtlich Ende Februar entscheiden. "Alles was wir getan haben, war vollkommen legal und nach dem Buchstaben des Gesetzes", gibt sich Peteghem zuversichtlich.

"Das ist unbezahlbar"

Derzeit wird der 1965 eröffnete Tunnel saniert. Zufluchtsräume für 38 Personen werden geschaffen, in der Mitte soll ein rund um die Uhr mit drei Mann besetzter Feuerwehrwagen stationiert werden. Der Feuerwehr gehen die Sicherheitsvorkehrungen nicht weit genug. Bürgermeister Charlet kündigt an, wenn die Lkw wieder fahren dürfen, werde er Klage einreichen: Noch immer sei der Tunnel anfällig für Brandkatastrophen, die Evakuierungsmöglichkeiten unzureichend.

"Natürlich ist der Gütertransport für uns alle wichtig", sagt Bergführer Chappaz. "Aber wir müssen die Kosten dafür bedenken." Auch die nächsten Generationen sollten sich noch wie er an der Natur erfreuen können: "Das ist unbezahlbar."

(RPO Archiv)
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