Britische Behörden schreiten ein Internet-Adoptivkinder müssen zurück

London (dpa). Ein sechs Monate altes Zwillingspaar aus den USA hat jetzt bereits die vierten „Eltern“ - und in einem Aufsehen erregenden und Grenzen überschreitenden Fall von Adoption per Internet ist unwahrscheinlich, dass dies das letzte Elternpaar ist. Der High Court in London soll nun über das weitere Schicksal der Mädchen entscheiden. In der nächsten Woche soll es die erste Anhörung geben.

Die britischen Behörden hatten am späten Donnerstagabend in Mold (Nord-Wales) einem Ehepaar, das sich die Mädchen per Internet in den USA zur Adoption „besorgt“ hatte, die Kinder wieder weggenommen. Sozialarbeiter und Polizisten trugen die schlafenden Kinder vor den Linsen von Dutzenden von Kameraleuten und Fotografen aus einem Hotel, in dem die Adoptiveltern Alan (45) und Judith Kilshaw (47) wohnten. Die Kinder waren von einem Richter unter Berufung auf eine nicht näher erläuterte Gefahr im Verzuge in Obhut der Behörden gegeben worden. Sie wurden bis zu einer endgültigen Entscheidung über die künftigen Eltern Pflegeeltern übergeben.

Kilshaws waren bereits die dritten Eltern der Zwillinge. Sie hatten 8 200 Pfund (24 600 Mark) über eine Adoptionsagentur in den USA, die im Internet Kinder anbot, bezahlt. Als die Kilshaws die Kinder adoptierten, waren diese jedoch bereits von einem amerikanischen Paar in Kalifornien, Vickie und Richard Allen, adoptiert worden. Da diese nur 6 000 Dollar (12 000 Mark) bezahlt hatten, hatte die Leiterin der Adoptionsagentur die leibliche Mutter bewogen, die Zwillinge den Allens unter einem Vorwand wieder wegzunehmen und sie stattdessen den besser zahlenden Kilshaws zu geben.

Die britische Öffentlichkeit war auf den Fall aufmerksam geworden, nachdem die Allens die Kilshaws in einer Fernsehsendung der Kindesentführung beschuldigten. Alan und Judith Kilshaw - die bereits drei eigene Kinder haben, jedoch über ihren starken Wunsch nach weiteren Kindern berichteten - beharrten darauf, überhaupt nicht gewusst zu haben, dass es schon andere Adoptiveltern gegeben habe.

Am Donnerstagabend meldete sich auch die leibliche Mutter, die 28- jährige Hotelrezeptionistin Tranda Wecker aus St. Louis (Missouri), im britischen Fernsehen zu Wort: Sie habe bisher von der Agentur überhaupt kein Geld für die Zwillinge bekommen. Inzwischen bereue sie ihre Entscheidung und wolle die Mädchen wieder zurück haben.

Am Freitagmorgen zeigte sich Alan Kilshaw im britischen Fernsehen BBC zuversichtlich, die Wegnahme „seiner“ Zwillinge vor Gericht wieder rückgängig machen zu können: „Es kann ja wohl nicht im Interesse der Kinder sein, jetzt zu Pflegeeltern zu kommen.“ Seine Frau weinte: „Wir haben nicht gegen das Gesetz verstoßen und werden wie Kriminelle behandelt.“ Auch Richard Allen sagte im britischen Fernsehen, er hoffe „als Vater der Kinder“ nach wie vor, diese in Kalifornien bald wieder in die Arme schließen zu können.

Eine leitende Richterin des US-Staates Arkansas, Ellen Brantley, sagte der BBC: „Es sieht so aus, als gebe es in diesem Fall eine Menge Schurken und keine Helden.“ Die leibliche Mutter habe sich mit großer Wahrscheinlichkeit strafbar gemacht, als sie fälschlicherweise bei der Adoption durch die Kilshaws behauptet habe, in Arkansas zu leben. Vermutlich hätten sich auch Kilshaws durch falsche Angaben in Arkansas strafbar gemacht. Der britische Premierminister Tony Blair hatte bereits am Donnerstag den ganzen Fall als „abscheulich“ bezeichnet und eine Gesetzesinitiative angekündigt, um zu verhindern, dass britische Bürger die strengen Adoptionsvorschriften daheim durch den „Kauf“ von Kindern per Internet umgingen.

(RPO Archiv)
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