Salvador: Viele Opfer bleiben verschüttet Zahl der Erdbebentoten wird nie klar

Mexiko-Stadt/San-Salvador (dpa). Die Panamericana-Fernstraße ist auf der Höhe von San Vicente, rund 50 Kilometer östlich von San Salvador, noch immer blockiert. Bagger sind seit Tagen damit beschäftigt, einen rund 200 Meter langen und 100 Meter hohen Schutthaufen abzutragen. Die Retter sind überzeugt, dass sich darunter ein voll besetzter Bus befindet, der bei dem Erdbeben vor einer Woche von einem Erdrutsch verschüttet wurde.

Noch immer ist die genaue Zahl der Opfer des verheerenden Bebens in El Salvador unbekannt, und nicht nur auf der Panamericana werden noch Tote unter Erdmassen vermutet. In Las Colinas, dem von einem Erdrutsch verschütteten Wohnviertel von Santa Tecla, einer Vorstadt San Salvadors, graben die Helfer seit Tagen, finden aber nur einzelne Leichenteile. Ein unheimlicher Geruch von Tod und Verwesung liegt dort in der Luft.

Las Colinas stand wegen seiner Nähe zur Hauptstadt von Anfang an im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Erst nach und nach wurde klar, wie schwer auch andere Regionen des Kleinstaats von der Größe Sachen- Anhalts von dem Beben der Stärke 7,6 auf der Richterskala getroffen wurden. So etwa das Dorf Los Amates eine knappe Stunde nordwestlich der Hauptstadt. Dort steht nicht ein Haus mehr. Erdrutsche zerstörten außerdem mehrere Kaffeeplantagen, wodurch nun die Existenzgrundlage des Ortes gefährdet ist.

Große Schäden gab es auch in der Gegend rund um Sonsonate südwestlich der Hauptstadt. Hier verteilt die Caritas Lebensmittel, Plastikplanen und Geräte. "Die ersten Hilfsmaßnahmen nach dem Beben waren zu sehr auf den urbanen Bereich konzentriert", sagt Caritas- Vertreter Hajo Spoerhase, der sehr erfahren in der Katastrophenhilfe in Lateinamerika ist. Spoerhase war auch nach dem Hurrikan "Mitch" Ende 1998 in Nicaragua und Honduras im Einsatz und findet, dass die Behörden etwas besser als damals agierten. Zumindest übertrügen sie den Hilfsorganisationen mehr Verantwortung. Es sei allerdings nach "Mitch" versäumt worden, "eine Kultur der Prävention zu entwickeln", sagt Spoerhase der dpa.

Rund 150 Kilometer weiter östlich, in Usulutan, baut das Deutsche Rote Kreuz (DRK) ein Behelfskrankenhaus auf. Die meisten der kleinen Wohnhäuser dort seien erheblich beschädigt, berichtet DRK- Einsatzleiter Jürgen Heppe. Da dort aber kaum große Gebäude standen und es keine Erdrutsche gab, sei in Usulutan nur wenige Todesopfer zu beklagen. Die Obdachlosen würden versorgt.

Nach einem Bericht der Zeitung "El Diario de Hoy" konnten 15 Prozent der bis Donnerstag gezählten landesweit 681 Toten bisher nicht identifiziert werden. In Las Colinas musste eine Überlebende dem Bericht zufolge ihren Neffen, von dem nur Körperteile geborgen wurden, anhand von Tätowierungen auf Arm und Schulter identifizieren. Nach den Worten des mexikanischen Generals Antonio Redon, Leiter eines Rettungstrupps, gibt so gut wie keine Chancen, Überlebende in einer Erdmasse zu finden. Anders als in einem Trümmerberg gelange keine Luft zu den Verschütteten. Japanische Experten, die Geräte zur Ortung von Herztönen einsetzten, kamen zu dem gleichen Schluss. Nur ein Kater überlebte unter der Erde. Er steckte in einer Waschmaschine.

(RPO Archiv)
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