Viersen Geiseldrama erinnert an Amoklauf von Schwalmtal

Viersen · Die Ereignisse von Karlsruhe erinnern an den Amoklauf von Amern, der sich in der kleinen Gemeinde Schwalmtal nahe der niederländischen Grenze am Nachmittag des 18. August 2009 zutrug. Dort hatte ein 72-jähriger Rentner aus Unna drei Menschen erschossen und einen vierten schwer verletzt.

Dem Drama vorausgegangen waren langwierige Auseinandersetzungen um das Haus der Tochter des Rentners, die seit Jahren von ihrem Mann getrennt lebte. Seit einem Jahr war das Paar geschieden. Weil sich die Parteien nicht auf den Wert des Hauses einigen konnten, sollte das gemeinsame Haus in einer ruhigen Wohngegend in Amern zwangsversteigert werden. Bei einem Ortstermin mit zwei Rechtsanwälten aus dem Kreis Viersen und zwei Gutachtern des Kreises griff der Rentner plötzlich zur Waffe und erschoss die beiden Anwälte und einen der Sachverständigen.

Knapp drei Stunden hielt sich der Rentner, der mit Frau und Tochter zum Ortstermin erschienen war, im Haus verschanzt, bevor ihn die Polizei festnehmen konnte. Der Rentner hatte offenbar geglaubt, Rechtsanwälte und Sachverständige wollten seine Tochter beim Verkauf des Hauses über den Tisch ziehen. Anwälte und Sachverständige hätten sich mit dem Schwiegersohn gegen seine Tochter verschworen. "Die mussten weg, Feierabend", erklärte der Rentner ein halbes Jahr später vor Gericht.

Im April 2010 verurteilte das Mönchengladbacher Landgericht den Todesschützen von Amern zu 15 Jahren Haft und dauerhafter Unterbringung in der Psychiatrie – wegen dreifachen Mordes und eines versuchten Mordes. Es gab eine Welle der Hilfsbereitschaft für die Kinder der ermordeten Anwälte, für die viele Menschen Geld sammelten. Im September 2010 ersteigerte der Ex-Schwiegersohn schließlich das Amokhaus – damit endlich ein wenig Ruhe einkehre.

Der überlebende Bernd Püllen, Gutachter des Kreises Viersen und Fraktionschef der Freien Wählergemeinschaft (FWG) in Mönchengladbach, kämpfte sich zurück ins Leben – körperlich wie psychisch. Püllen war in Amern durch drei Schüsse schwer verletzt worden. Doch selbst wenn die sichtbaren Verletzungen gut verheilen, bleibt die traumatische Erfahrung. Auch die Einwohner in der kleinen Gemeinde, die bis dahin das Gefühl hatten, in einer idyllischen Umgebung zu wohnen und unter Menschen zu leben, die man gut kennt, werden die Ereignisse von Amern nicht vergessen.

(RP)
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