Maybrit Illner diskutiert den Fall Uli Hoeneß Systemausfall beim Hoeneß-Tribunal

Ausnahmezustand in den Sendeanstalten. Der Fall Uli Hoeneß wird flächendeckend im Fernsehen diskutiert. Auffällig: Bei Maybrit Illner hatten die Gäste keine Lust mehr, über den tief gefallenen Bayern-Präsident zu urteilen. Mehrfach ließen sie die Moderatorin auflaufen.

Fall Uli Hoeneß bei Maybrit Illner: Systemausfall beim Tribunal
Foto: Screenshot

Am Thema Uli Hoeneß gab es am Donnerstagabend auch bei den Öffentlich-Rechtlichen kein Vorbei. Die ARD sendete nach der Tagesschau einen Brennpunkt, zu später Stunde diskutierte Reinhold Beckmann. Auch im ZDF nahm der Steuerfall die prominentesten Sendeplätze ein. Erst bei Maybrit Illner, direkt im Anschluss bei Markus Lanz.

In vorderster Reihe der Studio-Gäste saßen neben Journalisten Fachanwälte für Steuerrecht. Auffallend: Bis auf die Wirtschaftsethikerin Annette Kleinfeld saßen nur Männer in den Talkshows. Wohl nur selten war die Strenge-Herren-im-grauen-Anzug-Dichte im deutschen Fernsehen so groß.

Allgemeines Unbehagen

ZDF-Moderatorin Illner hatte eine durchaus illustre Runde versammelt. "Stern"-Chefredakteur Dominik Wichmann, der die Causa mit aufgedeckt hatte, und dessen Amtskollege Peter Hausmann vom "Bayernkurier", Jürgen Trittin von den Grünen, CDU-Haushaltspolitiker Steffen Kampeter und als Experten für Steuerrecht der Anwalt Thomas Wenzler, aus dessen Sicht Hoeneß mit drei Jahren und sechs Monaten noch gut davongekommen ist.

Der mit Ausrufezeichen versehene Titel der Sendung: "Der Millionen-Betrug — Rote Karte für Hoeneß!". Illner wollte mit den Herren gerne über das Urteil gegen Hoeneß reden, dessen Verfehlungen und ob das Urteil denn auch gerechtfertigt sei. Das allerdings gelang nur in Ansätzen. Insbesondere der CDU Mann Steffen Kampeter fühlte sich mit dieser Aufgabenstellung sichtlich unwohl. Gleich dreimal ließ er Illner auflaufen.

Illner reagiert pikiert

Er verwies darauf, dass keiner hier vor der Kamera so richtig wisse, wovon er rede. "Die Causa Hoeneß durchzukauen, finde ich nicht sehr ertragreich", monierte Kampeter. "Keiner von uns kennt die Prozessakten, Frau Illner!" Eine seriöse Diskussion hielt Kampeter auf dieser Grundlage für unmöglich.

Illner reagierte pikiert. "Das haben Sie jetzt schon zum dritten Mal gesagt", klagte sie, wandte sich an Kampeter mit der sarkastischen Bemerkung, jetzt könne er ja eine weitere Frage von ihr zensieren.

Selbst Trittin zeigt sich milde

Doch der CDU-Politiker war nicht der einzige, der fremdelte. Auch Fachanwalt Wenzler betonte mehrfach, dass er die Details nicht wirklich kenne, und selbst Jürgen Trittin zeigte sich bei aller Kritik an Steuerbetrügern gnädig. "Wir haben das nicht zu beurteilen", ließ er Illner wissen.

Trittin lenkte die Diskussion lieber zielstrebig auf die Roller der Bayern-Gesellschafter wie VW, Audi und Adidas. Sie hatten den Vereinsboss entgegen ihren eigenen Compliance-Regeln und trotz seiner Verfehlungen im Amt gelassen. An diesem Freitag werden sie sich erklären müssen.

Am Ende bleiben noch mehr offene Fragen

In das allgemeine Unbehagen der Talkrunde mischte sich immer wieder ein Staunen über die Wucht der Ereignisse. Gerade zum Ende hin wurde das deutlich, als es um die Frage ging, ob man zwischen dem Menschen Hoeneß und dem Straftäter differenzieren kann. Für Kampeter war die Sache klar: "Wir sollten hier nicht ein Scherbengericht veranstalten", mahnte er. Es könne doch nicht Aufgabe der Runde sein, den Menschen Hoeneß brechen zu wollen.

Stattdessen überwogen bei Illner die offenen Fragen. Alle waren sich einig, dass der Fall mit einer Revision beim BGH gut aufgehoben sei. Steuerfachmann Wirth etwa wies auf die erstaunliche Geschwindigkeit hin, in der das Landgericht arbeitete: In nur vier Tagen hatte das Landgericht 70.000 erst kurz vor Prozessbeginn eingereichte Aktenseiten beurteilt. Das hatte auch Hoeneß' Verteidigung moniert. Und auch Wirth wies darauf hin: "Stellt der BGH fest, es gibt grobe Aufklärungsfehler, dann wird er das Urteil aufheben."

(pst)
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