Hausbesitzer sind bei Schäden verantwortlich Schneemassen werden zur Gefahr von oben

Düsseldorf (RPO). Dass viele öffentliche Gebäude derzeit wegen der Schneemassen auf den Dächern geschlossen haben, hat gute Gründe. Eiszapfen und Schnee können für den Einzelnen zur tödlichen Gefhar werden. Insbesondere bei der jetzigen Wetterlage in NRW. Bei Tauwetter könnten sie erhebliche Schäden verursachen, warnen ADAC und TÜV.

Ein großes Geschäft in Erfurt musste wegen einer Schneeschicht auf dem Eis geschlossen werden.

Ein großes Geschäft in Erfurt musste wegen einer Schneeschicht auf dem Eis geschlossen werden.

Foto: dapd, dapd

"Besonders kritisch wird es, wenn sich Frost- und Tauperioden abwechseln", sagt Manfred Schultheiß, Experte für Bautechnik beim TÜV Rheinland LGA. "Dann kann sich auf dem Dach Eis bilden und eine kritische Überlast entstehen." Es ist bereits zu einer ganzen Reihe von Einstürzen gekommen.

Absackende Schneemassen rissen Löcher in die Dachkonstruktion der großen Schalker Arena, eine Ausstellungshalle der Gedenkstätte Point Alpha an der hessisch-thüringischen Grenze stürzte ein, ebenso eine Lagerhalle in Hof (Bayern) sowie Dächer mehrerer Ställe. Dass Menschen dabei nicht zu Schaden kamen, ist glücklichen Umständen zu verdanken.

Feuerwehr sind im Dauereinsatz

Die Feuerwehren sind teilweise im Dauereinsatz, um Gefahren zu beseitigen. Allein die Berliner Feuerwehr hatte am Dienstag 550 Einsätze wegen drohender Dachlawinen und herabfallender Eiszapfen. Am Mittwochvormittag wurde sie rund 300 Mal angefordert, wie Feuerwehrsprecher Stephan Fleischer sagte. Eigentlich sind die Hausbesitzer zuständig für die Sicherheit, und sie müssen auch für Unfälle haften. Aber bei einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit schreiten Feuerwehr und Ordnungsamt ein - zum Beispiel bei einer Sparkasse in Saarbrücken oder eine Halle in Clausthal-Zellerfeld (Landkreis Goslar).

Absturzgefahr beim Schneeräumen

In Lingen (Emsland) wurden wegen zu hoher Schneelasten alle städtischen Sporthallen bis auf weiteres geschlossen. Zuvor hatte ein Statiker gemeinsam mit Experten der Stadt und Feuerwehr ein Hallendach begutachtet und eine bedenklich dicke Schicht aus vereistem Schnee vorgefunden.

Das Winterwetter macht auch dem zeltartigen Dach des Dresdner Hauptbahnhofs zu schaffen. Es ist an fünf Stellen eingerissen. Die Stoff-Trichter, die zu den Fallrohren der Dachrinnen führen, können den Schneemassen offenbar nicht standhalten, wie eine Bahn-Sprecherin sagte. Damit der Schnee nicht in die Halle und auf Bahnsteige fällt, wurden die schadhaften Stellen mit Netzen gesichert und darunter liegende Bereiche großflächig gesperrt. Ähnliche Probleme hatte es bereits im vergangenen Winter gegeben.

Das Dach des Dresdner Hauptbahnhofs, der 1898 in Betrieb genommen wurde, war 2000 bis 2006 nach Plänen des britischen Architekten Norman Foster saniert worden. Kritiker des selbst reinigenden Konstruktion hatten von Anfang an bezweifelt, dass die teflonbeschichtete Glasfasermembrane für eine Bahnhofshalle geeignet ist.

Unglück 2006

Welch schlimme Folgen eine Vernachlässigung der Sicherheit haben kann, hat der Einsturz der Eissporthalle in Bad Reichenhall vor fünf Jahren gezeigt. Am 2. Januar 2006 stürzte das Dach ein, zwölf Kinder und drei Mütter starben, zahlreiche Menschen wurden verletzt. Ursache der Katastrophe war eine ganzen Kette von Konstruktions- und Rechenfehlern, Pfusch der Zimmerleute und versäumter Kontrollen.

Der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks rät Hausbesitzern, nicht selbst zu räumen, sondern einen Dachdecker-Innungsbetrieb zu beauftragen. Bei Flachdächern bestehe erhöhte Absturzgefahr. Lichtkuppeln könnten durch Schnee verdeckt sein: Beim Betreten kann das Glas zerbrechen. An sogenannten Steildächern können Schneefanggitter verhindern, dass Passanten durch abrutschenden Schnee getroffen werden.

Die Schneeräumung kann zu einem heiklen Einsatz werden. So geriet ein Hubschrauber, der mit dem Rotor den Schnee von einem Einkaufszentrum in Jena (Thüringen) entfernen sollte, am Dienstagnachmittag ins Trudeln und stürzte ab. Die beiden Piloten und ein Beschäftigter des Unternehmens wurden im Helikopter verletzt.

Spezialisten sind in der Schalke Arena in Gelsenkirchen gefordert. Dort sollen Höhenkletterer zur Schneeräumung eingesetzt werden. Mithilfe einer Hebebühne hat die Polizei in Münsingen (Landkreis Reutlingen) am Mittwoch das schneebedeckte Dach einer Tankstelle geräumt. Die Sicherheitsexperten weisen darauf hin, dass man bei der Räumung von verschiedenen Seiten aus vorgehen sollte, damit es nicht zu Stabilitätsproblemen durch eine einseitige Belastung kommt.

Wann wird die Schneelast zu stark?

Der Zeitpunkt, wann die Schneelast zu stark wird, kann rechnerisch ermittelt werden. Zum Beispiel der TÜV Rheinland LGA bietet Schneelastmessungen an und bildet "Messpersonal" aus. Nach dem Unglück von Bad Reichenhall wies die Bauministerkonferenz unter anderem darauf hin, dass schon beim Bau von Gebäuden ein Überwachungssystem installiert werden können.

(DDP/AFP/dapd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort