Statistisches Bundesamt Rekordzuwachs bei Geburten in Deutschland
Düsseldorf (RPO). In Deutschland kommen mehr Kinder zur Welt: Zwischen Januar und September stieg die Zahl der Geburten auf 510.000. Dies entspricht einem Zuwachs von 3,6 Prozent - der beste Wert des Jahrzehnts. Dabei sinkt die Zahl der potenziellen Mütter seit Jahren kontinuierlich. Ob sich eine Trendwende abzeichnet, ist noch nicht abzusehen. Das Familienministerium äußerte sich zurückhaltend.
In der Bundesrepublik kamen zwischen Januar und September insgesamt etwa 510.000 Kinder zur Welt, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf vorläufige Angaben des Statistischen Bundesamtes. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres registrierten die Wiesbadener nur 492.000 Neugeborene. Das Plus von 3,6 Prozent schürt nun Hoffnungen auf eine Trendwende, denn zuletzt zeigte die Kurve bei der Bevölkerungsentwicklung deutlich nach unten. 2009 erblickten 665.000 Kinder das Licht der Welt, 1998 waren es noch 785.000.
Sollten sich die vorläufigen Zahlen bestätigen und im letzten Quartal 2010 ein ähnlicher Verlauf zu verzeichnen sein, wäre das eine durchaus erstaunliche Entwicklung. Denn die Zahl der Babys steigt, obwohl die Zahl der potenziellen Mütter seit langem kontinuierlich sinkt. Jedes Jahr gehörten etwa 300.000 Frauen weniger zur Gruppe der 15- bis 45-Jährigen, die aufgrund ihres Alters überhaupt Kinder bekommen können.
Geburten pro Frau stagnieren
Gleichzeitig pendelt die Zahl der Geburten pro Frau seit dem Jahr zwischen 1,36 und 1,38. Nach dem Krieg und bis in die 60er Jahre hinein lag die Zahl noch bei 2,5, bis sie sich Anfang der 80er Jahre annähernd auf dem heutigen Niveau einpendelte. Hier hinkt Deutschland im Vergleich zu manchen anderen Ländern deutlich hinterher. In Irland brachte jede Frau 2008 2,01 Kinder zur Welt. Zum Vergleich: Ein Wert von mindestens 2,1 gilt als "natürliche Reproduktionsrate" der Bevölkerung.
In Deutschland ist der Durchschnittswert nur bedingt aussagekräftig. Das Problem bei der hiesigen Entwicklung sind nicht die Frauen, die Kinder bekommen - ganz im Gegenteil. "Zu diesem Rückgang der Geburtenhäufigkeit trug auch bei, dass ein immer größerer Teil der Frauen ihre Familiengründung in ein höheres Alter aufgeschoben hat", schreiben die Statistiker.
Ende des Jahres 2009 war etwa jede fünfte Frau zwischen 41 und 45 Jahren (Jahrgänge 1964 bis 1968) sogar kinderlos - und wird es biologisch bedingt wohl auch bleiben. Frauen zwischen 27 und 34 Jahren waren Ende 2009 immer noch fast zur Hälfte ohne Kinder: Bei den 34-jährigen Frauen waren es noch 34 Prozent, bei den 27-jährigen sogar 70 Prozent.
Politik unter Handlungsdruck
Ob mit der sich andeutenden Entwicklung eine Trendwende angestoßen worden ist, werden erst die kommenden Jahre zeigen. Die Politik hat die Zeichen der Zeit - wenn auch zu spät - erkannt und will der drohenden Überalterung der Gesellschaft entgegenwirken. Fachkräftemangel und eine Überlastung der teilweise umlagefinanzierten sozialen Sicherungssysteme sind Kernprobleme der kommenden Jahrzehnte.
Das Bundesfamilienministerium wollte die Angaben bis zur Vorlage endgültiger Zahlen nicht kommentieren. Sollten sich die Zahlen aber bewahrheiten, "dann freut sich unser Haus", sagte die Sprecherin des Ministeriums, Stefanie Augter. Zugleich wertete sie es als "positives Signal", dass die Geburtenzahlen 2009 trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise "weitgehend stabil" geblieben seien. Die Bundesregierung sehe sich mit dem Elterngeld und dem Ausbau der Kinderbetreuung "auf dem richtigen Weg".
Deswegen wurden in den letzten Jahren eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet, um ein kinderfreundliches Umfeld in Deutschland zu schaffen. Hierzu gehören die Einführung des Elterngeldes und der Ausbau der Kindertagesstätten. Seither beobachten Politiker die Meldungen über die Geburtenentwicklung mit Ungeduld, einzelne Maßnahmen wurden bereits wieder in Frage gestellt. Jetzt gibt es Grund zur Hoffnung - aber Bevölkerungsentwicklung ist eine langfristige Angelegenheit.