23 Jahre nach der Tat Sektenführer für Giftgasanschlag auf U-Bahn in Tokio hingerichtet

Tokio · Der Giftgasanschlag mit tödlichem Sarin auf die Tokioter U-Bahn im März 1995 sorgte weit über Japan hinaus für Entsetzen. Nun ist der Führer der verantwortlichen Sekte nach Jahren in der Todeszelle hingerichtet worden.

 Shoko Asahara sitzt nach einem Verhör im September 1995 in einem Polizeifahrzeug.

Shoko Asahara sitzt nach einem Verhör im September 1995 in einem Polizeifahrzeug.

Foto: dpa/Uncredited

Mehr als 23 Jahre nach dem Giftgasanschlag auf die Tokioter U-Bahn ist der als Drahtzieher verurteilte Sektenführer Shoko Asahara hingerichtet worden. Regierungssprecher Yoshihide Suga bestätigte Medienberichte, wonach der langjährige Todestraktinsasse am Freitag gehängt worden sei. Asahara wurde 63 Jahre alt.

Meldungen über ebenfalls exekutierte Anhänger Asaharas bestätigte Suga indes nicht. Im Laufe des Tages werde sich aber das Justizministerium äußern. Nach Angaben eines Berichts des Fernsehsender NHK wurden sechs Sektenanhänger ebenfalls gehängt.

Im Jahr 1984 hatte Asahara die Sekte „Aum Shinrikyo“ gegründet. Im Zentrum der Lehre des halbblinden bärtigen Gurus mit der Zottelfrisur stand eine angeblich Apokalypse, die in einer Konfrontation mit der Regierung münden würde.

Viele junge Menschen fühlten sich von der Weltuntergangssekte angezogen - darunter Absolventen von Eliteuniversitäten, die Asahara als Minister seines fiktiven „Aum“-Imperiums in seinen innersten Zirkel holte. Die Jünger beteten ihn an und befolgten seine Befehle. In dessen Bann gerieten Menschen, die vom materialistischen Leben im modernen Japan ernüchtert waren.

 Die Luftaufnahme zeigt das Gefängnis in Tokio, in dem Shoko Asahara hingerichtet wurde.

Die Luftaufnahme zeigt das Gefängnis in Tokio, in dem Shoko Asahara hingerichtet wurde.

Foto: dpa/Jun Hirata

Sektenführer Asahara bediente sich für seine Lehren aus Elementen des Hinduismus, Buddhismus, Christentums und Joga. Seine Anhänger ließ er bizarre Rituale vollführen. Dazu gehörte etwa das Trinken von Wasser, in dem der Guru zuvor gebadet hatte. Seine Jünger trugen außerdem elektrisch aufgeladene Kappen, die ihre Gehirnwellen mit jenen Asaharas synchronisieren sollten.

Im Laufe der Zeit häufte „Aum Shinrikyo“ ein Arsenal an Chemie-, Bio- und konventionellen Waffen an, um kriminellen Befehle Asaharas auszuführen.

Die U-Bahn-Attacke am 20. März 1995 war die massivste Attacke der Sekte und traf Japan bis ins Mark. Gefolgsleute Asaharas zerstachen in mehreren Zügen der Hauptstadt Plastiktüten mit Sarin, um das tödliche Nervengas freizusetzen. 13 Menschen kamen um, mehr als 6000 weitere wurden verletzt. Die Gründe für den Sarin-Angriff sind bis heute ein Rätsel. Sektenmitglieder erklärten, an Asaharas Prophetie zu glauben, wonach sie die einzigen seien, die eine Apokalypse überleben würden. Die Tat habe den von ihm vorhergesagten Weltuntergang beschleunigen sollen, hieß es.

Für den Giftgasanschlag und weitere Attacken mit insgesamt 27 Todesopfern wurde Asahara 2004 zum Tode verurteilt. In seinem Prozess trug er oft Windeln und saß auf einem Kissen, um seine Blasenschwäche zu verbergen. Ein Gerichtspsychiater gab an, dass der Angeklagte eine geistige Umnachtung nur vortäusche, um seiner Strafe zu entgehen. Das Todesurteil wurde endgültig bestätigt, nachdem dessen Anwälte keinen Berufungsantrag mit Verweis auf dessen psychische Verfassung einreichen konnten.

(csr/dpa)
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