Riesige Explosion in China Tianjin gleicht einem riesigen Schlachtfeld

Tianjin · Tausende ausgebrannte Autos, mindestens 50 Tote und ein verzweifelter Kampf gegen lodernde Flammen: In der chinesischen Hafenstadt Tianjin haben mehrere gewaltige Sprengstoff-Explosionen ein Inferno ausgelöst. In China kommt es immer wieder zu solchen Unfällen. Experten sind sicher: Die Behörden kontrollieren zu lax.

Tianjin: Bild der Verwüstung nach Explosionen in China
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Bild der Verwüstung nach Explosionen in China

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Nach Angaben staatlicher Medien starben mindestens 50 Menschen, mehr als 500 wurden verletzt und zahlreiche weitere noch in dem anhaltenden Chaos vermisst. Die Explosionen ereigneten sich laut Xinhua gegen 23.30 Uhr Ortszeit (18.30 Uhr MESZ) im Industriegebiet Binhai in einem Lagerhaus für Gefahrgut. Nach Angaben von Augenzeugen stieg ein riesiger Feuerball von bis zu hundert Metern Höhe über dem Explosionsort auf, Trümmer regneten auf die Millionenstadt nieder. Noch in drei Kilometern Entfernung barsten Fensterscheiben durch den Druck der Detonationen. Unter den Toten waren auch zwölf Feuerwehrleute.

Eine große Zahl von Feuerwehrkräften war nach Angaben der örtlichen Behörden wegen eines Brandes schon vor den Explosionen vor Ort gewesen. Die erste hatte nach Angaben der chinesischen Erdbebenwarte die Kraft von drei Tonnen TNT, während die zweite Explosion der Detonation von 21 Tonnen des Sprengstoffs entsprochen habe.

Etwa tausend Feuerwehrleute und mehr als 140 Feuerwehrwagen waren noch am Donnerstagnachmittag in dem Industriegebiet im Einsatz. Der Brand sei "in Anfängen unter Kontrolle" gebracht, berichtete Xinhua unter Berufung auf das chinesische Ministerium für öffentliche Sicherheit. Weiterhin stieg über dem Unglücksort dichter Rauch auf.

Nach den Explosionen in der Nacht spielten sich dramatische Szenen ab: "Ich hörte eine erste Explosion und alle liefen hinaus, dann gab es eine Reihe weiterer Explosionen, Fensterscheiben zersprangen und eine Menge Leute, die drinnen waren, wurden verletzt und rannten blutend hinaus", berichtete der 27-jährige Huang Shiting AFP. "Ich dachte, es ist ein Erdbeben", sagte ein anderer Anwohner namens Zhang Zhaobo.

Rettungskräfte brachten blutüberströmte Verletzte ins Krankenhaus. Der 50-jährige Zhang Hongjie, der mit bandagiertem Kopf in der Teda-Klinik in der Nähe des Explosionsorts saß, sagte: "Die Explosion war schrecklich, und ich bin fast bewusstlos geworden." Von den hunderten Verletzten befanden sich nach Angaben der Behörden mehr als 50 in lebensbedrohlichem Zustand. Mehr als 20 Menschen wurden laut Xinhua noch vermisst.

In dem Industriegebiet bot sich ein Bild der Zerstörung: Behelfsmäßige Behausungen von Bauarbeitern wurden durch die Explosionen zerstört, von manchen Gebäuden blieben nur Stahlskelette. Auch anliegende Bürohäuser wurden beschädigt, Schiffscontainer stürzten um und verbrannten.

Binhai ist auch ein wichtiger Umschlagplatz für Neuwagen aus dem Ausland. Bei den Explosionen wurden nach Angaben örtlicher Medien mehr als 2700 Neuwagen des Autoherstellers Volkswagen und mehr als tausend Autos des französischen Herstellers Renault zerstört. Die Unternehmen bestätigten die Berichte zunächst nicht.

Die genaue Ursache der Detonation war zunächst unklar. Leitende Mitarbeiter der Logistik-Firma, der die Lagerhäuser gehören, wurden festgenommen. Der Leiter der Umweltbehörde von Tianjin, Wen Wurui, sagte, dass "giftige und gesundheitsschädliche Chemikalien" in der Luft gemessen worden seien, aber nicht erheblich über den Grenzwerten.

Das Industrie- und Handelszentrum Tianjin liegt rund 140 Kilometer südöstlich von Chinas Hauptstadt Peking. Eine Schnellbahnstrecke verbindet die beiden Städte in nur 30 Minuten. Mit knapp 15 Millionen Einwohnern ist Tianjin eine der größten Städte des Landes.

In China gibt es immer wieder Explosionen in Industrieanlagen: Erst im Juli kamen 15 Menschen ums Leben, als in der nördlichen Provinz Hebei ein illegales Lagerhaus für Feuerwerkskörper in die Luft flog. Vor einem Jahr starben mehr als 70 Menschen bei einer Explosion in einer Autoteilefabrik bei Shanghai. Grund für die Unglücke sind oft mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen und laxe Behördenkontrollen.

(AFP)
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