Kommentar: Unsere Woche Vorlaut, verspätet und verzockt

Wesel · Wer zuerst schreit, hat nicht unbedingt auch was Schlimmes schnell erkannt. Eher riecht es danach, mit einer vorgefassten Meinung von vornherein die Richtung in einer an sich offenen Debatte vorzugeben. Detailarbeit prinzipientreu ausblendend, hat Ludger Hovest das Tourismuskonzept noch vor seinem Erscheinen in Grund und Boden gestampft. Und zwar nur aus einem einzigen Grund: Er will es generell nicht haben. Was für Wesel gut und richtig ist, dass weiß kein anderer besser als er. Und damit das auch jeder begreift, poltert er vorlaut los. Von Altersmilde oder Diplomatie weit entfernt, setzt der SPD-Chef auf Angriff. Hat er vergessen, dass es etliche Workshops gegeben hat? Dass viele Weseler daran mitgewirkt haben? Dass also durchaus ein Papier zu erwarten ist, das der Stadt nicht von fremden Menschen aus der Ferne übergestülpt wird. Dass man Ziele braucht, die aus breiter Abstimmung erwachsen? Was Wesel an vielen Stellen sichtbar fehlt, ist Klarheit darüber, wohin man will. Was der selbst ernannte Vordenker weiß, ist aber nur, was er nicht will. Er will vor allen Dingen keine sachliche Diskussion. Wahrscheinlich, weil ihm da die Argumente fehlen. Also haut er lieber gleich drauf und gibt auch noch den großen Vernünftigen, der mit dem Geld fürs Konzept was Besseres angestellt hätte. Billiger geht's kaum. Alle anderen Fraktionen täten gut daran, den Mann mal wirksam zu isolieren.

Auch die Bahn bleibt sich übrigens treu und arbeitet tapfer weiter daran, sich an Verspätungen zu halten. Qualitative Verbesserungen für die Bahnsteige in Wesel kommen irgendwann. Nur nicht jetzt. Als Dienstleister sieht sich der Riese weiterhin nicht. Information ist auch nicht seine Stärke. Es ist eine Schande, dass nach allen wichtigen Fortschritten rund um den Neuen Bahnhof Wesel das Erscheinungsbild gerade an solch hoch frequentierten Stellen noch länger derart desolat bleibt.

Die Dauercamper auf der Grav-Insel fühlen sich verschaukelt. Vor etwas mehr als einem Jahr hatte unter anderem Lautsprecher Hovest ihnen versprochen, im Wohnsitz-Streit für sie zu kämpfen. Daran wird seine Bürgermeisterin jetzt erinnert, die das von den Campern beklagte Bundesgesetz umsetzen muss. Die Betroffenen, das war schon bei der Infoveranstaltung in der Insel-Stube spürbar, werden es nicht gern hören, aber geltendes Baurecht kann man nicht einfach ignorieren. Die Stimmung ist aufgeladen.

(RP)
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