Wesel Jäger des verlorenen Schatzes

Wesel · Vier Brüder sind hinter dem wertvollsten Besitz Wesels her – den Geusenbechern. Im neuen Krimi "Die Elster" greifen die Autoren Hesse/Wirth einen authentischen Fall von 1945 auf. Sie lösen das Rätsel auf niederrheinische Art.

Bomben zerfetzen die prachtvolle Stadt Wesel. Als die Waffen kurz schweigen, begräbt der Bürgermeister einen Gefallenen mit feierlichem Zeremoniell. In Wirklichkeit liegen die wertvollsten historischen Besitztümer der Stadt im Sarg. Niemand durchschaut das Geheimnis. Nach Kriegsende werden die berühmten Geusenbecher aus dem Grab auf dem Weseler Friedhof Caspar-Baur-Straße gebuddelt und in einem Bankschließfach in Duisburg verstaut.

Die besten Geschichten schreibt eben das Leben, finden die beiden Autoren Thomas Hesse (Wesel) und Renate Wirth (Xanten). Sie greifen sich die Story der unglaublichen wie klugen Rettung als authentischen Ausgangspunkt und setzen sie 60 Jahre später mit einer fiktionalen Schatzjagd fort.

Tempo mit K 1 und Familiensaga

In "Die Elster", ihrem neuen und vierten gemeinsamen Kriminalbuch, lassen Hesse und Wirth die Kostbarkeiten 2009 wieder auftauchen. Das alte Rätsel wird ganz aktuell, vier Brüder aus Dinslaken, Moers, Xanten und Wesel hetzen dem Schatz hinterher. Was ist ihr düsteres Geheimnis?

Hesse und Wirth pflegen ihr Markenzeichen. Mit "Die Elster" titeln sie nach ihren erfolgreichen Regionalkrimis "Die Füchse" und "Die Wölfin" wieder mit einem Tiernamen. Der Wiedererkennungseffekt ist durchaus gewollt. Hesse und Wirth nehmen's genau. Sie wissen, zum regionalen Krimi gehören korrekte Ortsangaben, die nacherlebbare Umgebung und der stimmige Klang des flachen Landes.

Ihr oberstes Prinzip heißt: Der Leser hat's gerne, wenn das mörderische Spiel nachvollziehbar genau in Szene gesetzt wird. Auf Seite 1 geht's rasant ins Geschehen. Ein Totenschädel "rollt" auf einem Kiesförderband hinter der Bio-Obstplantage Clostermann in Bislich zum Rheinufer und purzelt in den Bauch eines Frachters. Dem harten Einstieg direkt ins Geschehen von "Die Elster" folgt das zweite schreiberische Prinzip. Die Handlung hat Sog, der Leser wird hineingezogen in die Geschichte. Er ahnt, was kommen mag und muss – nur wie? Das hält die Leseneugier hoch bis zum Schluss. Dann werden – wie im echten Leben vor 60 Jahren – die Kunstschätze gerettet mit einem ungeahnten Schlusseffekt.

Würde die Geschichte eindimensional verlaufen, wäre dies spannungstötend. Hesse und Wirth weben deshalb dramaturgisch eine niederrheinische Familiensaga der besonderen Art ein. Vier Charaktere, die Brüder, bekämpfen sich bis auf des Messers Schneide. Dazu setzt das Personal des K 1 um die schwangere Chefin Karin Krafft und ihren schrillen Assistenten Nikolas Burmeester ebenso pralle wie heimelig-niederrheinische Lebenszeichen. Und dann gibt es schwatzhafte Privatermittler der einheimischen Art, die alles gut meinen, aber wenig gut machen . . .

(RP)
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