Wesel Ein Fluss zieht um

Wesel · Die etwas andere Exkursion: Verein r(h)ein-kultur-welt nimmt den gewaltigen Umbau des Lippe-Bettes durch die Kiesfirma Hülskens hautnah unter die Lupe. Lippeschlößchen plant für neuen Blick auf viel Wasser und Natur.

Von der B 8 Richtung Voerde haben viele Weseler bereits einen Blick auf das neue Bett der Lippe werfen können. Im Gebiet der Büdericher Insel betreibt die Kiesfirma Hülskens bereits seit 1993 Tagebau. Nun wird die Lippe wegen der neuen B 58 (Südumgehung) verlegt. Der Verein r(h)ein-kultur-welt, hatte seine Mitglieder und andere Interessierte jetzt zu einer Exkursion geladen, bei der ein Blick hinter die Kulissen geworfen werden konnte. Mit den Verantwortlichen der Firma Hülskens konnten die Interessierten das Gelände, auf dem in den nächsten Jahren die neue Lippe entstehen wird, genau unter die Lupe nehmen. Und das ganz stilecht im Planwagen. Wegen der großen Teilnehmerzahl der Exkursion, die zugleich die vorletzte Veranstaltung der Reihe "Rheingold" bildete, wurden kurzerhand noch zwei Kleinbusse eingespannt.

Eigendynamik

"Heute geht es zwar nicht direkt um den Rhein, aber die Lippeverlegung ist ja eine bedeutende landschaftliche Kulturveränderung", erklärt Ulrike Haibach-Daniel die Wahl der Exkursion für den vor allem im Kulturbereich tätigen Verein. Allen bot sich auf der rund zweistündigen Tour ein erstaunlicher Anblick über das Gebiet. Dazu gab es von Dr. Rudolf Koß (Hülskens) viele Informationen über die kommenden Schritte. Denn der notwendige Umzug der Lippe wird zum Anlass genommen, sie zu renaturieren. Das bedeutet, es wird weiter südlich ein neues Flussbett geschaffen, in dem sich der Fluss dann selbst seinen Weg suchen kann, es entsteht eine gewisse Eigendynamik. Zudem wird eine Aue geschaffen, der künstlich wirkende Kanal verschwindet zugunsten eines fünf bis sechs Meter breiteren Flussbettes. Und das hat neben ideellen auch praktische Gründe.

Ausgleich für den Brückenbau

"Der Bau der neuen Rheinbrücke ist ein Eingriff in die Landschaft, der ausgeglichen werden muss. Das passiert in Form von Ökopunkten, deshalb wird das Gebiert hier aufgewertet", erklärt Koß das vom Land NRW gestützte Projekt. Dabei wird erst das neue Bett, dann die nördliche Aue und schließlich der Mündungsbereich zwischen den beiden Fixpunkte Mündung und B 8-Brücke umgestaltet. Die Vorbereitungen für das neue Flussbett sollen in diesem Monat starten, waren eigentlich schon für 2008 geplant. Man befindet sich also im Verzug, der aber bis 2012 wieder aufgeholt werden soll. Dennoch bekamen die Teilnehmer einen ganz neuen Eindruck von dem Gebiet. "Jetzt kriegen wir mal einen ganz anderen Blick, wir kannten die Lippe ja vorher nur vom Überqueren", freut sich Käthe Benninghoff aus Voerde, während der Planwagen schaukelnd über einen Weg fährt, der später mal Teil des Lippebettes sein wird. Zudem informierteKoß die Teilnehmer noch über die Firma Hülskens und deren Arbeitsweise, nicht ohne die gute Zusammenarbeit mit Gesellschafter Konrad Krieger, der neben ihm im Planwagen Platz genommen hat, zu loben. Eins stellt Koß fest: "Wir kommen um Kiesgruben nicht herum. Die Frage ist, was man daraus macht."

Was in diesem Fall entstehen wird, das konnten sich die Teilnehmer auf dem höchsten Punkt der Tour ansehen. Von der Halde hatte man einen guten Blick über das Gebiet. Allerdings wird es nicht so sein, dass alles direkt schön grün wird. "Bis das Kleingärtnerauge es hier hübsch finden wird, dauert es bestimmt bis 2015", sagt Koß. Die Natur muss die Begrünung selbst erledigen, und das dauert ein bisschen. Ob es Naturschutzgebiet wird oder ob es möglich sein wird, zu Fuß oder mit dem Rad das Gelände zu nutzen, ist noch nicht klar. "Wir hinterlassen den Rohbau, danach kommt der Ausbau", sagt Koß.

Nach so viel Eindrücken und viel frischem Wind um die Nase gab es ein gemütliches Essen im Lippeschlösschen. Das hatten die Teilnehmer auch einmal von der anderen Seite sehen können. Ulrike Haibach-Daniel freute sich über durchweg positive Reaktionen.

(RP)
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