Mehrheit im Parlament: Bundestag beschließt umstrittene Reform des Klimaschutzgesetzes
EILMELDUNG
Mehrheit im Parlament: Bundestag beschließt umstrittene Reform des Klimaschutzgesetzes

Schwalmtal Nach dem Abi in die Flüchtlingshilfe

Schwalmtal · In Schwalmtal unterstützen zwei Bundesfreiwilligendienstleistende die Arbeit mit Asylsuchenden. Junge Leute können sich bewerben

 Dennis Deske und Nicola Raßmes unterstützen Kerstin Schwarze (2.v.r.) und Aga Laszewski (r.) in der Flüchtlingsbetreuung in Schwalmtal.

Dennis Deske und Nicola Raßmes unterstützen Kerstin Schwarze (2.v.r.) und Aga Laszewski (r.) in der Flüchtlingsbetreuung in Schwalmtal.

Foto: Jörg Knappe

Nach dem Abi habe sie etwas für sich machen wollen, sagt Nicola Raßmes. Doch mit "etwas für mich" verband die 20-Jährige nicht etwa eine Fernreise: Schon als Schülerin half die junge Frau Flüchtlingen, Deutsch zu lernen. Mit dem Vorsatz, "etwas für mich" machen zu wollen, verband Raßmes eine Vertiefung ihres ehrenamtlichen Engagements. Deshalb bewarb sie sich für eine Stelle als Bundesfreiwilligendienstleistende (Bufdi) bei der Pfarrgemeinde Waldniel.

Im September 2016 nahmen die ersten beiden Bufdis den Freiwilligendienst in der Flüchtlingshilfe in Waldniel auf. Seit September 2017 sind Nicola Raßmes und Dennis Deske (19) dort tätig, im September sollen nun die nächsten beiden beginnen. Schon jetzt nimmt die Pfarre Bewerbungen junger Leute an.

Die Bufdis unterstützen die beiden hauptamtlichen Flüchtlingsbetreuerinnen Aga Laszewski und Kerstin Schwarze. Ihre Aufgaben sind vielfältig: Sie besuchen täglich die derzeit sechs Flüchtlingsunterkünfte der Gemeinde, um zu fragen, was die Asylsuchenden brauchen. Sie helfen Flüchtlingen bei vielen Anliegen - unterstützen etwa beim Ausfüllen von Formularen, begleiten Kranke zum Arzt, zeigen Neuankömmlingen, wo sie Kleidung und Lebensmittel bekommen. Sie informieren über Freizeitangebote, Deutschkurse und Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und helfen ihnen, Möbel zu bekommen.

Den Bufdis macht die Arbeit mit Flüchtlingen Spaß. "Jeder Tag ist anders, einen normalen Arbeitsalltag gibt es nicht", sagt Deske. Mal dauert der Arbeitstag bis 15 oder 16 Uhr, mal sind die Freiwilligen auch später im Einsatz, wenn neu zugewiesene Flüchtlinge ankommen. Deshalb achtet Laszewski darauf, junge Leute zu finden, "die flexibel sind oder es lernen können". Wer Bufdi in der Flüchtlingshilfe werden wolle, dürfe auch keine Scheu vor Menschen haben, fügt sie hinzu. Das seien die beiden wichtigsten Voraussetzungen. Praktisch zudem: Führerschein und Französischkenntnisse. Denn viele Flüchtlinge stammen aus Ländern, in denen Französisch zu den offiziellen Sprachen zählt, etwa in Afrika.

Ob auf Französisch, Englisch, Deutsch, mit Händen und Füßen, "wichtig ist, dass man den Menschen zuhört, dass sie wissen, dass jemand für sie da ist", sagt Raßmes. So mancher öffnet sich, erzählt von seiner Heimat und seinen Erlebnissen auf der Flucht. "Es ist teilweise erschreckend, was man da zu hören bekommt", sagt Laszewski. "Die Menschen haben unterschiedliche Geschichten und eine unterschiedliche Herkunft, sie brauchen Zeit, darüber sprechen zu können."

Die Bufdis haben gelernt, damit umzugehen. Fünfmal im Freiwilligenjahr gibt es einwöchige Seminare, bei denen die Bufdis mit Freiwilligendienstlern aus verschiedenen Einsatzstellen zusammenkommen, um über ihre Erfahrungen zu sprechen und sie zu verarbeiten. "Man hilft den Leuten ja", sagt Deske. "Sie sind hier, und man muss das Beste daraus machen." Doch nicht nur das Schicksal der Flüchtlinge bewegt die Bufdis, sondern auch ihre Zukunft: "Wenn man mit den Leuten zusammen ist, denkt man darüber nach, wie ihr weiterer Lebensweg aussieht", berichtet Raßmes. "Auch weil ich mich damit beschäftige, wie mein weiterer Lebensweg aussehen wird."

"Nach dem Abi wusste ich gar nicht, was ich machen sollte", erzählt Deske. Das sei auch seiner Mutter klar gewesen, die den Kontakt zur Flüchtlingshilfe herstellte. Nach Probetagen sei ihm klar gewesen, dass er in Waldniel Bufdi werden wolle, sagt der 19-Jährige: "Das hat mir gut gefallen, vor allem der Kontakt mit den Menschen." Im Herbst beginnt er eine Ausbildung bei der Versicherungsgruppe Debeka - und freut sich, auch dort häufig Kontakt mit Menschen zu haben: "Das Bufdi-Jahr hat mir Zeit gegeben, mir darüber Gedanken zu machen, in welche Richtung ich gehen möchte." Raßmes fühlt sich durch das Freiwilligenjahr in ihrem Berufswunsch bestärkt: Sie nimmt im Herbst ein duales Studium der sozialen Arbeit auf - und kann sich vorstellen, auch später wieder in der Flüchtlingshilfe zu arbeiten.

Was die beiden jungen Flüchtlingshelfer besonders freut: "Wir haben Leute kennengelernt, die kein Wort Deutsch sprachen, als sie hier ankamen, und nicht zur Schule gegangen sind", berichtet Deske. "Es ist schön zu sehen, dass sie jetzt schon gut Deutsch sprechen und eine Ausbildung beginnen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort