Schwalmtal Mit der Spraydose durch Schwalmtal

Schwalmtal · Als Schwalmtal zuletzt Flächen für Graffiti freigegeben hat, wurden Häuser in der Umgebung besprüht – die Flächen wurden wieder gesperrt. Nun hat das Jugendparlament erneut Orte für die Kunst mit der Sprühdose ausgesucht.

 Martin Bongartz (17), Vincent Weist (17), Merit Thummes (17) und Florian Winter (17) vom Jugendparlament haben sich dafür eingesetzt, dass es Freiflächen für Graffiti gibt (v. vorne nach hinten).

Martin Bongartz (17), Vincent Weist (17), Merit Thummes (17) und Florian Winter (17) vom Jugendparlament haben sich dafür eingesetzt, dass es Freiflächen für Graffiti gibt (v. vorne nach hinten).

Foto: Busch

Als Schwalmtal zuletzt Flächen für Graffiti freigegeben hat, wurden Häuser in der Umgebung besprüht — die Flächen wurden wieder gesperrt. Nun hat das Jugendparlament erneut Orte für die Kunst mit der Sprühdose ausgesucht.

Die Legal Spots (engl. für "Legale Orte") sind vielleicht der größte Erfolg des Jugendparlaments in Schwalmtal. Monatelang haben sich die gewählten Vertreter der Schulen dafür eingesetzt, dass Menschen Flächen mit Graffiti besprühen dürfen. Sie haben Ausschüsse überzeugt, Regeln aufgestellt, selbst Flächen gekennzeichnet. "Wir wollen verhindern, dass Leute, die gern sprühen, in die Illegalität abrutschen", sagt Vincent Weist (17).

Sechs Legal Spots gibt es inzwischen. Die Jugendlichen haben sich Mühe gegeben, Flächen auszusuchen, an denen die Sprayer keine Anwohner belästigen. So wählten sie etwa eine Unterführung am Kaiserpark, die nicht in unmittelbarer Nähe anderer Häuser liegt. Außerdem nutzen sie Plakatständer, beispielsweise einen vor der Europaschule. Die Plakatständer stehen frei, grenzen nicht an Gebäude. Das soll verhindern, dass jemand aus Versehen da sprüht, wo er nicht darf. "Wir wollen nicht, dass Häuser beschmutzt werden", sagt Merit Thummes (17).

Genau das war geschehen, als es zuletzt legale Sprayer-Flächen in Schwalmtal gab. Pfarrer Thorsten Aymanns hatte eine Mauer am Pfarrhaus freigegeben. Als die Fläche voll war, verteilten die Sprayer die Farbe auch auf der Mauer einer Nachbarin. Außerdem beschmierten Unbekannte in der Nähe Garagentore mit einem hartnäckigen Lack. Die Polizei vermutete, dass die Freifläche am Pfarrhaus dazu beigetragen hat, dass es zu diesem Exzess kam. 2009 wurde das Sprayen am Pfarrhaus wieder verboten.

"Aus Fehlern lernt man", hofft nun Weist. Seinen Mitstreitern und ihm ist aber klar, dass die Legal Spots nur Jugendliche erreichen, die legal sprühen wollen. Graffiti als Kunstform war zu seiner Entstehung eine Form des Protests gegen Politik, gegen Gesellschaft. Die jungen Leute wissen, dass die Legal Spots keinen davon abhalten, mit einer Spraydose in der Hand zu protestieren oder Unsinn zu machen. Die Flächen sollen aber verhindern, dass Jugendliche sich gezwungen fühlen, auf illegale Orte auszuweichen, weil legale fehlen, sagt Weist.

So wie seine Mitstreiter erhofft er sich, dass auf den Freiflächen in Zukunft künstlerische Graffiti gesprüht werden, nicht einfach Schriftzüge. Die Mitglieder des Jugendparlaments sprayen nicht. Sie wissen aber von Streetworker Joachim Hambücher, dass sich einige Leute die Freiflächen wünschen.

Diese hat das aktuelle Jugendparlament im letzten Moment durchgesetzt. Am Dienstag war die letzte Sitzung der zweijährigen Amtszeit, bald wird ein neues Jugendparlament gewählt. Richtig zufrieden klingen Weist und die anderen mit ihrer Amtszeit nicht. Einige Mitglieder des Jugendparlaments hatten nach kurzer Zeit aufgehört, ohne sich abzumelden. Oft konnten die übrigen bei Sitzungen nichts beschließen, weil andere fehlten.

Die aktuellen Mitglieder haben nun in den Schulen die Arbeit des jungen politischen Gremiums erklärt: "Damit sich das nächste Mal Leute wählen lassen, die wissen, worauf sie sich einlassen", sagt Weist. Trotz der Probleme sind er und seine Mitstreitern für die Zeit im Jugendparlament dankbar: Es hat die Interessen junger Leute in andere politische Gremien weitergegeben, die Mitglieder, lernten, wie Politik funktioniert. "Mir hat die Zeit das politische Leben nähergebracht", sagt Martin Bongartz (17).

(RP/rl)
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