Analyse Verkehrschaos regelt sich nicht von selbst

Solingen · Nach dem Hofgarten-Start braucht Solingen dringend eine Verkehrsdiskussion abseits alter Feindbilder – auch im Wahlkampf.

 In der gesamten Innenstadt bildeten sich, wie hier am Ufergarten, nach der Hofgarten-Eröffnung lange Staus. Das Solinger Straßennetz war dem Ansturm nicht gewachsen, der Verkehr brach großteils zusammen.

In der gesamten Innenstadt bildeten sich, wie hier am Ufergarten, nach der Hofgarten-Eröffnung lange Staus. Das Solinger Straßennetz war dem Ansturm nicht gewachsen, der Verkehr brach großteils zusammen.

Foto: Köhlen

Der Anfang war – entgegen manchen Unkenrufen im Vorfeld – vielversprechend. Und wer erwartet hatte, der Andrang auf das neue Einkaufszentrum Hofgarten in der Solinger City werde sich bereits ein paar Tage nach dem Start wieder legen, sah sich ebenfalls getäuscht. Auch in der Woche Eins nach der Hofgarten-Eröffnung war die neue Shopping-Mall am Graf-Wilhelm-Platz sehr gut besucht.

Natürlich zieht der Hofgarten nicht dauerhaft jene Massen an, die beispielsweise am vergangenen verkaufsoffenen Sonntag die Geschäfte des Centers regelrecht stürmten. Doch die City wird durch den Hofgarten einen Aufschwung nehmen – und darum sind auch die Hoffnungen all jener vergebens, die darauf spekulieren, der chaotische Verkehr in der Solinger Innenstadt werde sich auf lange Sicht schon von selbst regeln. Mit Verlaub: Das wird er nicht.

Eine Nachricht, die eigentlich alle, die in der Stadt und für die Stadt Verantwortung tragen, freuen sollte. Denn abseits der Frage, ob man Autos mag oder nicht, signalisieren Wagen (auch und gerade mit fremden Nummernschildern) ja vor allem eines: Solingen ist beliebt und hat Zukunft.

Es besteht also zunächst einmal ehrlicher Grund zur Freude. Doch sie allein genügt natürlich nicht. Soll die Stadt dauerhaft vom Hofgarten profitieren, müssen die Verantwortungsträger in der Politik endlich dieser Verantwortung gerecht werden. Solingen benötigt dringend ein neues Verkehrskonzept, das endlich den Realitäten Rechnung trägt.

Zu dieser Realität gehört erstens – niemand wird es bestreiten –, dass Solingen einen funktionierenden Personennahverkehr braucht. Überlegungen in Teilen der CDU, das Busnetz auszudünnen, sind in diesem Sinne kontraproduktiv. Denn nur mit einem attraktiven Busangebot kann man die Solinger dazu bewegen, öfter mal aufs Auto zu verzichten.

Realität ist überdies, dass Auswärtige nur selten mit Bus und Bahn zum Shoppen in die Klingenstadt fahren. Wer diese Besucher langfristig binden will, kommt an gut ausgebauten Straßen nicht vorbei. Dieser Einwand richtet sich in erster Linie an die Adresse der Grünen. Wenn sie verkehrspolitisch weiter irrlichtern und etwa gegen eine große Lösung in Sachen A 3-Anschluss sind, stehen die Ampeln für die Klingenstadt schneller auf Rot als viele ahnen. Oder glaubt jemand ernsthaft, Gäste aus Leichlingen und Langenfeld würden öfter als einmal nach Solingen zum Einkaufen kommen, wenn sie zuerst an der Autobahn und dann später in der Innenstadt im Stau gestanden haben?

Nein, das kann niemand annehmen. Auch nicht die Vertreter der Solinger SPD im Rat und im Landtag. In der Stadt wie im Land koaliert die Partei mit den Grünen. Um das Bündnis in Düsseldorf zustande zu bekommen, gab die SPD seinerzeit in vielen verkehrspolitischen Fragen klein bei – etwa beim A 3-Anschluss. Und das könnte sich in Solingen aus Sicht der Sozialdemokraten schon bald rächen.

Schließlich steht 2014 die Kommunalwahl an. Jede Wette, dass sich die ansonsten schlecht aufgestellte Solinger CDU die Chance nicht entgehen lässt, den Straßenverkehr als Thema zu nutzen. Einen Anfang machten die Christdemokraten bereits diese Woche, als sie ankündigten, mehr Geld für die Straße zu fordern. Zwar verschwieg die CDU bei dieser Gelegenheit, wofür dieses Geld verwendet werden sollte. Sie weiß es in Bezug auf die City nämlich selbst nicht. Doch das wird die Partei nicht davon abhalten, die Finger zurecht in die Wunden zu legen, die es nun einmal gibt.

Umso dringender braucht Solingen ein neues, langfristiges Verkehrskonzept. Damit in dieser Stadt am Ende nicht nur der Wahlkampf ans Laufen kommt, während die Autos weiter in den Stau fahren – und Solingen ins Abseits.

(RP)
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