Solingen "Feuerwehrleute unterbezahlt"

Solingen · Über mehrere Jahre mussten die Feuerwehrleute Nullrunden hinnehmen, Urlaubsgeld wurde gestrichen, das Weihnachtsgeld gekürzt. Um ihre Anliegen besser durchzusetzen, wurde zunächst die Interessenvertretung der Feuerwehr gegründet (2006), jetzt, zum 1. Mai, ging die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft mit Sitz in Solingen an den Start. Bundesvorsitzender ist der Solinger Hauptbrandmeister Ingo Schäfer (45).

War die Gründung einer eigenen Fachgewerkschaft für die rund 100 000 Berufs-, Werks-, Flughafen- und hauptamtlichen Feuerwehrleute notwendig?

Schäfer Sie war nicht nur notwendig, sondern längst überfällig. Seit 50/60 Jahren konnten wir keine Feuerwehrleute in den Gremien der Gewerkschaften etablieren. Daher war es uns auch nicht möglich, unsere Sorgen und Nöte in der Landes- und Bundespolitik nachhaltig darzulegen. Die letzten Kürzungen, beispielsweise beim Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, haben uns bis ins Mark getroffen.

Hatten die etablierten Gewerkschaften wie Verdi oder Komba kein Interesse, die spezifischen Anliegen der Feuerwehrleute zu vertreten?

Schäfer In der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mit ihren über einer Million Mitgliedern und den vielen Berufsgruppen stellten die Feuerwehrleute nur einen Bruchteil der Mitglieder. Ähnlich strukturiert ist die Gewerkschaft Komba. Beide Gewerkschaften gingen auf unsere berufsspezifischen Probleme nicht ein. Ein Beispiel: Normale Beamte haben Anspruch auf 71,5 Prozent bei den Pensionen. Bei den Feuerwehrleuten liegt dieser Anspruch bei unter 60 Prozent.

Wie viele Mitglieder zählt die neue Feuerwehr-Gewerkschaft derzeit?

Schäfer Wir werden in Kürze 1000 Mitglieder haben.

Rechnen Sie mit mehr?

Schäfer Auf jeden Fall. Wir haben die Gewerkschaft und ihre Ziele in etlichen Städten vorgestellt. Daher rechnen wir mit einem erheblichen Mitgliederzuwachs. Den brauchen wir auch, um unsere Forderungen durchzusetzen.

Wer ist künftig Ihr Ansprechpartner, wenn es um Lohn, Beförderungen oder Dienstzeiten geht?

Schäfer Wir sind im regen Kontakt mit den Städten. Das Landesinnenministerium und die Innensenatoren von Hamburg, Bremen und Berlin sind überdies unsere Ansprechpartner, hier werden wir vorstellig. Zudem werden wir uns bei den Personalratswahlen im kommenden Jahr massiv aufstellen, um unsere Belange durchsetzen zu können.

Sie wurden am Sonntag zum ersten Vorsitzenden der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft gewählt. Wie lange dauert die Amtszeit?

Schäfer Die erste Amtszeit wurde auf zwei Jahre festgelegt. Wir haben keinen Dachverband, und der erste Vorsitzende wird immer ein Feuerwehrmann beziehungsweise eine Feuerwehrfrau sein.

Wo gibt es schon Landesverbände?

Schäfer In Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Baden-Württemberg und Hessen. Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft unterstützt natürlich intensiv die Gründung weiterer Landesgruppen.

Welche Forderungen wollen Sie als erstes umsetzen?

Schäfer Wir werden beim Beförderungsstopp keine Ruhe geben, das ist die größte Ungerechtigkeit. Die Feuerwehrleute werden hier schlicht unterbezahlt, obwohl sie zum Teil seit Jahren in eine höhere Besoldungsgruppe gehören. Hier werden wir die Finger weiter in die Wunde legen. Überdies wollen wir dafür sorgen, dass unsere Zulagen wieder ruhestandsfähig werden. Das ist mit Blick auf die Pensionen enorm wichtig.

Uwe Vetter führte das Gespräch.

(RP)
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