Für verletzte Spieler bedeutet das Saisonende noch keinen Urlaub / Beispiele Jörn Schläger und Mirko Bernau: "Der mentale Druck ist häufig viel schwieriger zu verkraften als die körperliche Belastung"

Offiziell ist die Saison in der Handball-Bundesliga bis auf die Relegationsspiele zu Ende, doch die neue steht bereits unmittelbar bevor. Saisonstart am 12. August, Trainingsbeginn Ende Juni oder spätestens am 3. Juli, da bleibt nicht viel Zeit für Urlaub und Regeneration.

Schon gar nicht für solche Akteure, die das Saisonende aufgrund von Verletzungen nur von draußen erleben konnten - und das waren in dieser Spielzeit mehr als genug. Denn sie müssen weiter trainieren, sich mit geeigneten Reha-Massnahmen fit machen, um nicht den Anschluss zu verpassen. Die NGZ unterhielt sich mit zwei von ihnen: Mirko Bernau vom TSV Bayer Dormagen und Jörn Schläger vom ThSV Eisenach, die zurzeit bei medico reha in Neuss ihre Verletzungen auskurieren: Schlüsselbeinbruch beim einen, zweieinhalbfacher Bänderriss beim anderen. In einem sind sich beide einig: "Die 34 Meisterschaftsspiele sind für jeden Handballer zu verkraften.

Hart wird es für die, die noch zusätzlich im Europapokal oder mit der Nationalmannschaft im Einsatz sind". Und Mirko Bernau findet rückblickend auf den gerade glücklich überstandenen Abstiegskampf: "Der mentale Druck ist häufig viel schwieriger zu verkraften als die körperliche Belastung". Dennoch haben sie nicht nur mit Blick auf den eigenen Körper festgestellt: "Die Zahl der Verletzungen nimmt zu". So hatte Mirko Bernau in dieser Saison vor seinem Schlüsselbeinbruch schon zwei Bänderrisse zu verkraften: "Zwölf Spieler im Kader sind einfach zu wenig, dadurch musst du oft schon wieder 'ran, wenn du besser noch pausieren würdest", weiß er.

Jörn Schläger kennt Beispiele aus dem eigenen Verein, "wo Spieler in der Vergangenheit fit gespritzt wurden und jetzt Sportinvalide sind. Da war der Druck des Geldes wohl zu groß". Der Eisenacher entschied sich dagegen zur Operation, liegt seit acht Wochen auf Eis und unterzieht sich derzeit in Neuss einem intensiven Reha-Programm, für das er eigens in ein Wohnheim des Lukaskrankenhauses gezogen ist: "Von solchen Möglichkeiten wie hier können wir in Eisenach nur träumen".

Doch nicht nur er fürchtet, dass es kein Umdenken bei den Vereinen gibt, sondern die Kader unter wirtschaftlichem Druck eher weiter ausgedünnt werden: "Vielleicht würde sich etwas ändern, wenn man 14 statt zwölf Spieler auf den Mannschaftsbogen schreiben darf", mutmaßt Mirko Bernau; viele Klubs scheuen die zusätzlichen Ausgaben für Akteure, die dann auf der Tribüne Platz nehmen müssen. Viel Hoffnung, dass sich da etwas ändert, macht er sich aber auch nicht: "Das entscheiden die Vereine, und die schauen nur aufs Geld".

Dass die Spieler mit ihren Gehaltsforderungen nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung sind, wissen Bernau und Schläger auch: "Wir könnten aber gut mit einer Gehaltsobergrenze im Handball leben", meinen beide und halten "einige Summen, wie sie nicht nur in Gummersbach bezahlt werden, für übertrieben. Unsere Sportart hat halt nicht den Stellenwert wie Fußball, wir locken höchstens 7000, aber keine 70.000 Zuschauer an", sagt Bernau. Doch Schläger weiß: "Was der Spieler will, interessiert sowieso nicht". Eine Spielergewerkschaft könnte Abhilfe schaffen, doch davon ist man im Handball im Gegensatz zu anderen Sportarten noch weit entfernt.Volker Koch Machen sich fit für die neue Saison, kaum dass die alte zu Ende ist: Eisenachs Jörn Schläger (li.) und Dormagens Mirko Bernau. Sportlehrerin Ulrike Muthen (Mitte) zeigt den beiden Handballern, wie es gemacht wird.

NGZ-Foto: A. Woitschützke

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