Alexandra Gräfer: Berufung in die Nationalmannschaft und Wechsel zum Deutschen Vizemeister HC Leipzig Mit der Spielpraxis kam der Erfolg

Während die meisten ihrer Kolleginnen und Kollegen zurzeit die Koffer für den Urlaub packen, stehen Alexandra Gräfer bewegte Tage ins Haus: Abstiegsrelegation mit der HSG Herrentrup/Blomberg, Berufung in die Handball-Nationalmannschaft - und am Montag steht der Umzugswagen vor der Haustür:

Die 21-Jährige, die bei der HG Kaarst-Büttgen das Handballspielen lernte und beim Neusser HV zur Jugend-Nationalspielerin reifte, steht vor dem größten Sprung ihrer Karriere - sie wechselt zum Deutschen Vizemeister HC Leipzig. "Leipzig ist ein Traumverein", nennt sie den Grund, weshalb sie nach zwei Jahren im Ostwestfälischen - "eine Superzeit, in der ich viel gelernt habe" - ihre Zelte bei der HSG Herrentrup/Blomberg abbricht.

Nicht, ohne dem Tabellenzehnten vorher noch zum Klassenerhalt in der Ersten Liga verholfen zu haben: "Berlin verzweifelte an Alexandra Gräfer", titelte die "Handballwoche" in ihrer gestrigen Ausgabe über das erste Relegationsspiel, das die HSG mit 26:15 gegen den Berliner VB gewann. "Elf Tore sollten im Rückspiel eigentlich reichen", ist Alexandra Gräfer überzeugt. "Wir sind an uns selbst, aber auch an Alexandra Gräfer gescheitert", bilanzierte Berlins Trainer Rüdiger Bones.

Schon in der Vorwoche hatte die junge Torhüterin dafür gesorgt, dass die HSG mit einem 29:25 über Hessen Hersfeld überhaupt noch die Relegation erreicht hatte. "Der Unterschied hieß Alexandra Gräfer", hatte da das Urteil von Frauen-Bundestrainer Dago Leukefeld gelautet. Der neue Mann auf der Bank der Nationalmannschaft berief sie daraufhin prompt in seinen Kader, der am 16., 17. und 18. Juni in Bad Langensalza, Rotenburg und Gießen jeweils auf Korea trifft.

"Für mich kam das schon überraschend", sagt die ehemalige NHV-Torhüterin, die zuvor 21 Junioren-Länderspiele absolvierte und zwei Mal das Tor der Frauen-B-Nationalmannschaft hütete, in deren bislang einzigen Länderspielen übrigens. Für Leukefeld weniger, denn: "Sie hat sich vor allem im psychischen Bereich stabilisiert und einen großen Schritt nach vorne gemacht", urteilt der Bundestrainer gegenüber der NGZ, "sie ist eine konstante Bundesliga-Torhüterin geworden".

Ein Kompliment, das Alexandra Gräfer freut, das sie aber auch relativiert: "Ich habe eine gute Saison gespielt, aber als junge Torhüterin ist man immer noch Schwankungen unterworfen". Um die so gering wie möglich zu halten, muss man so oft wie möglich spielen, darin liegt für Alexandra Gräfer der persönliche Schlüssel zum Erfolg, nachdem es bei ihrer ersten Bundesliga-Station in Leverkusen nicht so richtig lief: "Da hab' ich ja nur auf der Bank gesessen, in Blomberg hatte ich sehr viele Spielanteile und konnte viel Erfahrungen sammeln", zeigt sie die Unterschiede auf.

In dieser Hinsicht birgt der Wechsel nach Leipzig natürlich gewisse Risiken, über die sich die 1,84 Meter große Torhüterin im Klaren ist: "Klar ist die Konkurrenz da sehr groß". Schließlich gehören mit Michaela Schanze und Peggy Brandenberger zwei Nationalspielerinnen zum Torhüterinnen-Aufgebot des Vizemeisters. Alexandra Gräfer schockt das nicht: "Vor allem von Michaela Schanze kann und will ich viel lernen, so lange sie noch spielt". Die 27-Jährige möchte nämlich eine Babypause einlegen, weshalb sich Leipzig auch um hochkarätigen Ersatz bemühte.

Bundestrainer Dago Leukefeld ist jedenfalls überzeugt: "Wenn sich Alexandra weiter stabilisiert und den Kampf gegen Peggy Brandenberger aufnimmt, kann sie auch in der Nationalmannschaft eine feste Größe werden". Noch hat sie da allerdings solche Größen wie Christine Lindemann (Randers HK/Dänemark) und Silke Christiansen (Buxtehuder SV) vor sich, die aber beide fünf Jahre älter sind. Was sie am Wechsel nach Leipzig reizt, ist auch die Möglichkeit, internationale Erfahrung zu sammeln - der HC ist ebenso wie Meister TV Lützellinden in der Champions League vertreten.

Privat kann sie der Wechsel vom platten ostwestfälischen Land - Blomberg liegt zwischen Lemgo und Detmold - in die sächsische Metropole auch nicht schrecken: "Ich war jetzt ein paar Mal in Leipzig, das ist eine schöne Studentenstadt. Ich finde das Ganze jedenfalls sehr spannend". Umstellen muss sich höchstens ihr Freund, denn aus seinem Wohnort Langenfeld ist es nach Leipzig doch um einiges weiter als bis nach Ostwestfalen: "Aber es gibt ja Flugzeuge", meint sie.

Und außerdem, ist sie überzeugt, hat er Verständnis, schließlich hütet er selbst beim TuS Rheindorf das Handballtor. Und beruflich braucht sich die 21-Jährige auch nicht groß umstellen: Zurzeit absolviert sie bei der Sparkasse Detmold eine Ausbildung zur Bankkauffrau, ihr neuer Verein hat ihr eine gleichwertige Stelle besorgt.

Fraglich allerdings, ob sie in Leipzig weiterhin den Kontakt zur alten Handballheimat halten kann: "Ich telefoniere noch oft mit Gaby Palme und Udo Bräger, ich weiß auch, dass die C-Jugend des NHV Westdeutscher Meister geworden ist", zeigt sich Alexandra Gräfer bestens über das heimische Handballgeschehen informiert. Und wenn's terminlich eben geht, will sie über Pfingsten, zum Quirinus-Cup, in Neuss sein.Volker Koch Leistungsträgerin bei der HSG Herrentrup/Blomberg, vor dem Wechsel zum Deutschen Vizemeister HC Leipzig und auf dem Sprung in die Nationalmannschaft: Alexandra Gräfer, die beim Neusser HV das Handballspielen erlernte.

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