Radevormwald Im Karneval betrunken ausgerastet - Urteil: 50 Sozialstunden

Radevormwald · Klein, zierlich und laut Selbstdarstellung "ein sehr respektvoller Mensch": So präsentierte sich eine 20 Jahre alte Radevormwalderin jetzt als Angeklagte vor dem Amtsgericht in Wipperfürth. In dieses Bild passte es kaum, dass sich die junge Frau am Karnevalssamstag 2017, also vor gut einem Jahr, in der Rader Innenstadt benommen hatte wie eine außer Rand und Band geratene Furie. Beleidigung und Widerstand legte die Staatsanwaltschaft ihr zur Last.

Am späten Nachmittag war die damals 19-Jährige betrunken in einer Erste-Hilfe-Station gelandet, die das DRK zum Karnevalsumzug eingerichtet hatte. Polizeibeamte wollten sie dort beruhigen und die Personalien feststellen. Doch die junge Frau rastete aus, beschimpfte laut Anklageschrift die Polizisten mit übelsten Ausdrücken, von denen "Schlampe" noch der freundlichste war, und trat eine Beamtin, um sich gegen die Festnahme zu wehren. Letztlich endete der Karneval für sie wenig lustig in einer Ausnüchterungszelle.

"Ich kann mich in dem, was mir da vorgeworfen wird, gar nicht erkennen - so bin ich nicht", betonte die Angeklagte zu Beginn des Prozesses. Ansonsten könne sie sich an rein gar nichts erinnern, sie sei zu betrunken gewesen. Tatsächlich hatte sie 1,4 Promille intus gehabt. Das, so meinte der Richter, sei viel für eine junge Frau, erkläre aber nicht den totalen Erinnerungsverlust. Die 20-Jährige blieb jedoch bei ihrer Version vom "Filmriss". Sie sagte nichts zu ihrer Begegnung der unschönen Art mit den Polizeibeamten - dafür aber umso mehr zu ihren Lebensumständen und zu ihrer Verteidigung. Der Richter musste sie mehrfach ermahnen, ihn und andere Prozessbeteiligte ausreden zu lassen und ihren Redeschwall einzudämmen.

Der bezog sich unter anderem darauf, dass die junge Frau im Vorfeld der Hauptverhandlung aufgefordert worden war, ein Bußgeld von 200 Euro zu zahlen. Dann wäre das Strafverfahren eingestellt worden. Die Frau zahlte aber nicht und meldete sich trotz Aufforderung auch nicht beim Jugendamt. Ihre Begründung: Als alleinerziehende Mutter eines einjährigen Kindes könne sie nicht arbeiten und habe also auch kein Einkommen. Das Geld vom Job-Center reiche nicht: "Ich sehe es als meine Pflicht als Mutter an, erstmal dafür zu sorgen, dass mein Sohn und ich nicht verhungern, anstatt Strafen zu bezahlen", lamentierte sie. Dafür, dass sie trotz Aufforderung Termine beim Jugendamt nicht wahrgenommen hatte, hatte sie neben zahlreichen Ausreden keine plausible Begründung.

In Absprache mit dem Staatsanwalt legte der Richter der jungen Frau nun auf, innerhalb der nächsten beiden Monate 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit nach Weisung des Jugendamtes zu leisten. Damit sei sie einverstanden, denn dann könne gut ihre Mutter ihr kleines Kind versorgen, sagte die Frau. Und schränkte gleich ein: "Schwere Arbeit darf ich aber nicht machen!" Grund sei eine Rücken-Erkrankung. Und den schon für den nächsten Tag nach dem Prozess angesetzten Termin beim Jugendamt könne sie leider auch nicht wahrnehmen, weil sie dann zur Gymnastik müsse. Sie sei aber bereit, einen neuen Termin zu vereinbaren. Das wird sie auch müssen, denn nur, wenn sie die 50 Sozialstunden nach Weisung wirklich ableistet, wird das Strafverfahren gegen sie endgültig eingestellt. Erscheint sie nicht zur Arbeit, wird der Richter einen Freizeitarrest anordnen, kündigte er an. Dann hilft der jungen Frau auch der Verweis auf ihr kleines Kind nicht mehr, nachdem das Gericht nun weiß, dass ihre Mutter dafür sorgen kann.

(bn)
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