Neuss Vor 25 Jahren erster Hilfskonvoi nach Pskow

Neuss · Am 8. Dezember 1990 starteten fünf Fahrzeuge in die russische Partnerstadt von Neuss. Spediteur Klaus Matheisen fuhr damals mit.

 Der Konvoi wurde auf einem Platz mitten in Pskow von Milizionären bewacht. Die Neusser selbst hatten Schwierigkeiten, an ihre Wagen zu kommen.

Der Konvoi wurde auf einem Platz mitten in Pskow von Milizionären bewacht. Die Neusser selbst hatten Schwierigkeiten, an ihre Wagen zu kommen.

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Schlechte Straßen, unsichere Verhältnisse, fremde Sprache - auf eine Fahrt ins winterliche Russland hatte Klaus Matheisen vor 25 Jahren gar keine Lust. Zumal der damals 41-Jährige eine Möbelspedition führte und sein Unternehmen nicht für eine Woche im Stich lassen konnte. Doch es kam anders. Denn Matheisen war zu dem Zeitpunkt bereits seit 25 Jahren Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Neuss. Und die bereitete gerade den ersten Hilfskonvoi in die russische Partnerstadt Pskow vor, nachdem Michail Gorbatschow - kurz nach der Wende - einen Hilferuf in die Welt gesendet hatte.

6000 Pakete mit Lebensmitteln, Kleidung und Medikamenten waren von zahlreichen Spendern gepackt und auf der Wache am Hammfelddamm abgegeben worden. "Es fehlten allerdings noch Transportfahrzeuge", berichtet der gebürtige Neusser. Stadtbrandmeister Peter Hermes überredete Matheisen, eine Zugmaschine zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug erhielt der Spediteur einen Stich des Neusser Hafens für sein Dienstjubiläum.

 Ein Besuch auf einer Feuerwache in Pskow. Der Austausch mit den dortigen Feuerwehrleuten war rege.

Ein Besuch auf einer Feuerwache in Pskow. Der Austausch mit den dortigen Feuerwehrleuten war rege.

Foto: Klaus Matheisen

"Das war an einem Montag. Am Samstag sollte es schon losgehen." Das bedeutete: Noch schnell alle Formalitäten für die Einreise auf den Weg bringen und den Wagen flott machen. Am 8. Dezember 1990 um 6 Uhr ging es dann mit drei Sattelschleppern, einem Geländewagen und einem Rüstwagen der Feuerwehr auf die abenteuerliche Reise. Sie führte über Posen (Polen) und Brest ins südlich von St. Petersburg gelegene Pskow. Vier Tage dauerte allein die Hinfahrt.

"In Minsk wären wir beinahe nicht weitergekommen, weil der Sprit alle war und man uns an der nächsten Tankstelle nichts geben wollte", erzählt der heute 66-Jährige, der zuletzt Vizechef des Baubetriebshofs in Kaarst war. Erst eine Bestechung der zwei Kassierinnen mit zehn Dollar, drei Tafeln Schokolade und zwei Nylon-Strumpfhosen sicherte die Weiterfahrt.

 Klaus Matheisen mit Erinnerungen an die Reise vor einem Vierteljahrhundert. Die Funksprüche wurden auf einer Kassette dokumentiert.

Klaus Matheisen mit Erinnerungen an die Reise vor einem Vierteljahrhundert. Die Funksprüche wurden auf einer Kassette dokumentiert.

Foto: Lothar Berns

In Pskow angekommen, war die Freude groß. Die Pakete wurden abgeladen und an Bedürftige verteilt. "Vor allem die alten Leute fragten immer wieder: ,Das kommt wirklich aus Deutschland?'", erzählt Matheisen. Die sieben Begleiter des Konvois übernachteten in einem Hotel, wurden zum Essen eingeladen, tauschten mit der einheimischen Bevölkerung Kulis gegen Abzeichen und gingen auf Besichtigungstour. "Wir wollten unbedingt etwas von der Gegend sehen." Die Klöster seien beeindruckend gewesen. Und der herzliche Kontakt zur dortigen Feuerwehr. "Wir haben uns mehrere Wachen angesehen und noch lange mit einigen Feuerwehrleuten in Verbindung gestanden", berichtet der Vater von zwei Kindern, der mit seiner Frau Marlies in Vorst lebt.

Die Familie hatte den Reiseverlauf nur über Funksprüche mitbekommen. Diese wurden zur Erinnerung auf Kassette aufgenommen. "Wenn ich sie mir heute anhöre, habe ich Wasser in den Augen", gesteht Matheisen. Er war danach nicht mehr in Russland. "Aber es war ein einmaliges Erlebnis", sagt er. "Ich habe es nie bereut." Das Bild vom Neusser Hafen hängt übrigens noch heute bei Matheisens im Wohnzimmer.

(sug)
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