Henning Graf von Schwerin, Präsident des Dehoga Nordrhein "Rauchverbot ist für Wirte katastrophal"

Neuss · Zu der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Hotel- und Gaststätten-Verbandes (DEHOGA) im Rhein-Kreis Neuss reiste am Donnerstag Henning Graf von Schwerin, seit November Präsident des Landesverbandes Nordrhein, als Überraschungsgast an.

 Henning von Schwerin besuchte auch Helge Dalbeck (r.) im Weißen Haus.

Henning von Schwerin besuchte auch Helge Dalbeck (r.) im Weißen Haus.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Herr von Schwerin, die Stimmung der Wirte ist schlecht. Auch die Neusser Wirte gehen auf die Straße. Der Ton wird rauer, und einige Ihrer Kollegen haben auch in Neuss den Landespolitikern von SPD und Grünen wegen deren Ja zum Nichtraucherschutzgesetz Hausverbot erteilt. Heißen Sie diese Praxis für gut?

Henning von Schwerin Wie ein Kollege von seinem Hausrecht Gebrauch macht, ist seine Sache, nicht die des Verbandes. Ganz ehrlich und persönlich: Wenn ich das Gefühl hätte, dass ein Gesetz meine Existenz gefährdet, würde ich auch darüber nachdenken. Aber ich sage deutlich: Beleidigungen und Diffamierungen, oder Vergleiche mit totalitären Regimen sind nicht hinnehmbar. Der Streit um dieses Gesetz hat eine Dimension erreicht, die wir nicht gewünscht haben. Wir Gastronomen wollen gute Gastgeber sein. Für alle. Punkt.

Aber es wird demonstriert. Erst in Düsseldorf und demnächst auch in Neuss. Was soll das noch?

von Schwerin Sicher, wir werden mit dieser Regierung das Rad nicht mehr zurückdrehen. Aber wir wollen zeigen, welche Konsequenzen drohen. Wir wollen die Politik nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Der erste Monat Rauchverbot war für viele Wirte eine Katastrophe. Aus unserer Sicht war das Nichtraucherschutzgesetz in der Fassung von 2008 ausreichend. Es überließ dem Wirt die Entscheidung, wie er sich in diesem Punkt positioniert, es überließ dem Gast die Freiheit der Entscheidung, ob er ein Lokal besucht, wo geraucht wird, oder nicht. Bei der Verschärfung dieses Gesetzes legte die Landesregierung — ebenso wie beim Thema "Hygieneampel" — eine Kompromisslosigkeit an den Tag, die wir nicht für möglich gehalten hätten. Das ist Ideologie, und die ist immer dann bedenklich, wenn sie wichtiger wird als die Realität.

In beiden Fällen wird mit der Gesundheit argumentiert. Was spricht gegen die Hygieneampel?

Von Schwerin Für die meisten meiner Kollegen ist Hygiene eine Selbstverständlichkeit. Ich bin aber sehr dafür, wenn Möchtegern-Kollegen, die nur den Frikadellenschein der IHK vorweisen können, einer stärkeren Kontrolle unterzogen werden. Deshalb auch ein klares Bekenntnis zu einem Sachkundenachweis. Prävention ist immer besser als Repression. Ich sähe es gerne, wenn in unseren Unternehmen so etwas hängt wie ein Hygieneführerschein.

Ihrem Verband wird gerade von Mitgliedern vorgeworfen, dass man ihn zur Jagd tragen muss. Stimmt das?

Von Schwerin Ein klares Nein. Der Verband war in Sachen Rauchverbot von Anfang an sehr aktiv. Das begann lange vor dem ersten Gesetz 2008. Ich glaube, dass der Verband noch nie so viel Manpower in ein Thema investiert hat. Wir haben Petitionen unterstützt, den Schulterschluss mit den Brauchtumsverbänden gesucht, Unterschriften und Bierdeckelaktionen durchgeführt. Also faul waren wir nicht, auch wenn wir unser Ziel leider nicht erreicht haben. Mein Eindruck ist aber: Die Branche erfährt noch nicht die Wertschätzung, die sie verdient. Das werden wir erreichen, wenn alle — Mitglieder, Ehren- und Hauptamt, noch besser zusammenarbeiten. Wir müssen zusammen zur Jagd.

Beim Thema Gema-Gebühren konnte Ihr Verband durchsetzen, dass eine Erhöhung zumindest ausgesetzt wurde. Gibt es ähnliche Baustellen?

Von Schwerin Dass uns das Nichtraucherschutzgesetz zu Hilfstruppen des Ordnungsamtes macht, die vor ihrer Tür für Ruhe sorgen müssen, dass es uns mit dem Problem der Zechpreller, die nur mal kurz eine Rauchen gehen und dann ganz verschwinden, alleine lässt, das ist mehr als ärgerlich, aber vorerst nicht zu ändern. Darüberh hinaus werden wir die Diskussion über die Mehrwertsteuersätze in der Gastronomie in Gang halten. Es kann ja keiner nachvollziehen, warum Hundefutter mit sieben Prozent und ein Schnitzel in der Gastronomie mit 19 Prozent besteuert wird.

Sorgen Sie sich um die Zukunft der Hotel- und Gastronomiebranche?

Von Schwerin Ich bewerte die Zukunftsaussichten der Branche nicht schlecht. Wir sind richtig gute Gastgeber. Aber wir müssen am Ball bleiben. Aktuell wächst eine Generation heran, die gutes Essen nicht mehr wertschätzen lernt. Und die Spesen-Regelungen vieler großer Firmen, die ihren Mitarbeitern nur noch Sätze zubilligen, bei denen lediglich ein belegtes Brötchen drin ist, befeuern diesen Trend noch. Ich meine, wenn die Landesregierung sich schon zum Retter der Gesundheit macht, dann sollte sie sehen, dass dazu auch gutes Essen und Trinken gehören. Kochshows im Fernsehen genügen da nicht. Als Verband werden wir da gegenzusteuern versuchen. Da können sie sicher sein.

CHRISTOPH KLEINAU FÜHRTE DAS GESPRÄCH MIT GRAF VON SCHWERIN

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort