Neuss "Kraan"-Abschied in der Wetthalle - Ende einer Ära?

Neuss · Nach vier Jahrzehnten auf der Bühne beendet die Band "Kraan" mit einem Konzert ihre Karriere in Neuss.

 Peter Wolbrandt (l.) und Hellmut Hattler von der Band Kraan spielten zum Abschied auch viele der alten "Kraan"-Hits in Neuss.

Peter Wolbrandt (l.) und Hellmut Hattler von der Band Kraan spielten zum Abschied auch viele der alten "Kraan"-Hits in Neuss.

Foto: M. Horn

Kein Fan erschrickt mehr, wenn er liest, dass ein Abschiedskonzert seiner Band bevorsteht. Anhänger der Rolling Stones wissen, wovon die Rede ist. Anders verhält es sich wohl bei Kraan. Das ist die Band, die es ab den 1970 Jahren verstanden hat, Jazz, Rock, Funk und Teile asiatischer Musiktraditionen zu einem groovenden Soundgemenge zusammenzufügen, das so manchem Hippie ins Tanzbein ging. Und die – plötzlich und unerwartet - zu den einflussreichsten Vertretern des Kraut-Rock zählte! Am Samstag, nach vier Jahrzehnten, hieß es aber: "Endstation Neuss"!

"Wir hatten – rückblickend - so eine Karriere echt nicht geplant", sagt Gründungsmitglied Peter Wolbrandt, 1949 geboren und Gitarrist der Band. "Hellmut Hattler am Bass, mein Bruder Jan Fride mit den Stöcken und ich haben in unserer Heimatstadt Ulm stundenlang auf irgendwelchen Partys rumgejamt und die Leute unterhalten", erinnert er sich. "Hinterher haben wir uns das manchmal anhören können und waren selber positiv überrascht. Ich glaube, unser Erfolgsgeheimnis lag später darin, dass auf der Bühne einer dem anderen zugehört hat und wir die Stücke so weiterentwickeln konnten." Noch heute würden die Auftritte aus jeder Menge freier Improvisation gemischt mit Altbekanntem bestehen. ,Was die Leute aber auch unbedingt hören wollen", sagt Wolbrandt.

Er hat mittlerweile einen eher gutbürgerlichen Job im Botanischen Garten Dortmund, von der Musik kann er, nach eigenen Worten, nicht leben. Seinem Bruder geht es ähnlich. Werbegraphische Arbeiten, sowie Tätigkeiten als Musikveranstalter und Wirt helfen ihm, abseits von Kraan, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Einzig Hellmut Hattler hat sich ganz der Musik verschrieben, ununterbrochen erfolgreich zählt er zu Deutschlands Bass-Prominenz. Kraan, so betont er, ist für ihn eher eine "Freundeskapelle", war aber letztendlich der Einstieg in seine musikalische Laufbahn. "Wobei ich sagen muss, dass ich heute, in all meinem Schaffen, auch sehr viel diktatorischer bin, was Bandkonzeption und Produktionen angeht."

Die Halle ist voll, viele Fans sind von weither angereist. Veranstalter Michael Bernd, dessen Band "Zweistein" das warm-up übernimmt und an diesem Abend eine Live-CD aufnimmt, hat sie noch einmal mobilisiert. Und Kraan bedankt sich mit allen Hits: "Club 20", "Nachtfahrt", "Vollgas Ahoi", "Hallo Ja Ja" und "Borgward". Wie im Flug vergehen zwei schweißtreibende Stunden, und auf dem Höhepunkt mag wohl manch ein Zuhörer gedacht haben, dass es für die drei Musiker doch noch ein allerletztes Mal geben könnte... Bis dahin gilt aber: Die "Kraaniche" ziehen nicht mehr!

(NGZ)
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