Nettetal Politik soll Jugend mehr beteiligen

Nettetal · Nach dem Ergebnis einer Studie der Hochschule Niederrhein haben junge Nettetaler wenig Interesse an Wahlen. Parteien und Schulen könnten mehr für die politische Bewusstseinsbildung Jugendlicher tun.

Die erste Frage lautet: Sind junge Menschen in Nettetal politisch interessiert? Und die zweite Frage muss wohl lauten: Warum nicht? Diese Schlussfolgerung lässt sich aus einer Studie der Hochschule Niederrhein ziehen, die jetzt im Nettetaler Rathaus vorgestellt wurde: "Jugend und Kommunalpolitik. Umfrage zur Wahlbeteiligung und zum politischen Interesse der Erstwähler in Nettetal (2014)". Das Ergebnis gibt Verantwortlichen in Politik und Verwaltung, aber auch Lehrern Anlässe zum Handeln.

Die Zahlen sprechen für sich: "45 Prozent der 126 befragten Jugendlichen haben wenig Interesse an Politik", führte Dennis Rothstein aus, einer der Verfasser. Die Bewertung der Autoren überrascht vor allem in einem Punkt: Das Wahlverhalten Jugendlicher unterscheidet sich offensichtlich wenig von dem Erwachsener. Tatsächlich hatten sich rund 50 Prozent junger Nettetaler an der Wahl beteiligt - also etwa die Hälfte nicht; bei den Erwachsenen waren die Zahlen "fast deckungsgleich".

Die Autoren der Studie betrieben auch Ursachenforschung. Wo in Familien über Politik geredet werde, führte Rothstein aus, sei auch das Interesse Heranwachsender etwa an einer Wahl größer als in Familien, bei denen Politik kein Thema sei. Ähnliche Ergebnisse aus den Schulen: Je mehr Politik sowie speziell Wahlen im Unterricht thematisiert wurden, desto höher schien die Wahlbeteiligung der Schüler.

In Nettetal war diese Wahlbeteiligung bei den Gesamtschülern mit rund 74 Prozent am höchsten, gefolgt von Gymnasiasten mit 56 Prozent, bei Hauptschülern hingegen waren es nur 25 Prozent. Ähnliches sagt die Statistik aus über die Teilnahme an der Veranstaltung "Bock auf Wahl" im Lobbericher Jugendzentrum "Die Arche", auf der sich die Bürgermeisterkandidaten den Fragen junger Menschen stellten. Dieses Wahlforum gab übrigens an der Hochschule Niederrhein den Anstoß für die Evaluation. "Die Werbung für die Veranstaltung für Jugendliche hätte effizienter sein können", schlussfolgerte Rothstein aus der Tatsache, dass über 43 der Befragten nicht darüber informiert waren. Es komme eben auch auf die Art der Informationsvermittlung an, die "jugendgerecht", also in der Alltagssprache Jugendlicher, und "auf Augenhöhe" sein müsse: Mit Fotos und Videoclips statt nur Text erreiche man die Zielgruppe besser. Parteien - und überhaupt die Politiker in Nettetal - könnten also an ihrer Informationsvermittlung manches verbessern, das gelte auch für Organisatoren und Fachleute in der Verwaltung. Zudem schlug Rothstein mehr lebendige Politik im Schulunterricht vor, etwa durch Diskussionen mit Politikern.

Politische Bewusstseinsbildung bei jungen Menschen hängt laut Rothstein davon ab, "wie ernst man die Jugendlichen nimmt". Als Impuls gab er den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung "die demokratische Beteiligung junger Leute" mit auf den Weg: "Sie könnten zum Beispiel engagierte Jugendliche zur Beratung mit in die entsprechenden Gremien holen!" Voraussetzung laut Rothstein: "Das muss natürlich ernsthaft von den Erwachsenen gewünscht werden."

(jobu)
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