Unsere Woche Offenes Rennen in Neukirchen-Vluyn

Moers · Morgen entscheiden die Neukirchen-Vluyner und die Rheurdter, wer in den nächsten fünf Jahre die Geschicke ihrer Kommunen lenken wird. Nur in Rheurdt ist alles klar.

Eine der häufigsten Fragen, die mir in den vergangenen Wochen gestellt wurde, war die: Wer, glauben Sie, wird die Bürgermeisterwahl in Neukirchen-Vluyn gewinnen? Nun verfügen auch Redakteure über keine Kristallkugel, und meine Antwort ist so gut und so schlecht wie jede andere.

Trotzdem hat es die meisten meiner Gesprächspartner nicht befriedigt, wenn ich geantwortet habe, dass es wohl zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Amtsinhaber Harald Lenßen (CDU) und Joachim Gottke (SPD) kommen werde. Deshalb vielleicht heute, einen Tag vor der Wahl, eine Selbstbeobachtung, die jeder auslegen mag, wie er möchte.

Noch vor knapp zwei Jahren hätte ich keinen Pfifferling auf Lenßen gesetzt. Zu tief schien er in den Skandal um die geschlossene Kulturhalle verstrickt. Dann kam auch noch das Debakel um den Vluyner Platz hinzu. Schließlich versuchten ihm Gegner ans Zeug zu flicken, wo es nichts zu flicken gab; Beispiel: das angeblich zu groß dimensionierte Feuerwehr-Gerätehaus.

Dann, als es nach der Entlassung des ersten Beigeordneten gerade so schien, als habe der Bürgermeister wieder Tritt gefasst, der nächste Tiefschlag: Stefan Olbrich kündigte an, alle Nau-Wohnungen an einen weiteren Investor zu verkaufen. Gottke frohlockte und ließ sich triumphierend mit Nau-Bewohnern ablichten, die über den Bürgermeister schimpfen durften. Doch Lenßen ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Beharrlich verhandelte er hinter den Kulissen weiter. Inzwischen macht die Renovierung eines Teils der Häuser rasante Fortschritte. Das dürfte eher dem Macher Lenßen als dem Agitator Gottke zugute kommen. Schließlich griff Lenßen sogar einen alten Vorschlag auf, den Gottke als eigene Trumpfkarte wähnte: Er legte ein Modell für den Ankauf des Weißen Riesen durch die Stadt auf den Tisch. Alles das lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Lenßens Formkurve zeigt nach oben, während seinem Herausforderer zum Ende des Wahlkampfs wilde Forderungen und Versprechungen wie die Verkehrsberuhigung der Geldernschen Straße und die Wiedereröffnung der Bahnlinie unters Volk zu bringen suchte. Trotzdem ist Lenßen nicht der Favorit. Denn bei dieser Wahl dürfte angesichts der wenigen programmatischen Unterschiede ein Faktor den Ausschlag geben: die Persönlichkeit. Und wie der Wähler die bewertet, weiß allein die Kristallkugel.

Ein schönes Wochenende! juergen.stock@rheinische-post.de

(RP)
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