Mönchengladbach Schon als Baby vernachlässigt

Mönchengladbach · Es passiert mindestens einmal pro Woche: Beim Kinderschutzbund geht per Telefon ein konkreter Hinweis auf Kindesvernachlässigung ein, dem nachgegangen werden muss. Weil die Zahl der Problemfälle drastisch zugenommen hat, musste das Hilfsangebot erweitert werden.

Die Familientragödie im schleswig-holsteinischen Darry hatte Auswirkungen bis nach Mönchengladbach. Immer, wenn Kindesvernachlässigung oder -missbrauch Schlagzeilen machen, steht beim Kinderschutzbund an der Hindenburgstraße das Telefon nicht mehr still. „Die Menschen sind dann sensibilisiert und schauen genauer hin“, sagt Geschäftsführerin Heidrun Eßer. Seit Jahren nimmt beim Kinderschutzbund in Mönchengladbach die Zahl der gemeldeten Fälle von Kindesverwahrlosung zu. „Oft sind es ganz junge Familien mit Babys“, sagt Heidrun Eßer. Wegen der Steigerung und in Kenntnis der hohen Dunkelziffer von Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch an Kindern hat der Schutzbund sein Angebot nun erweitert. Eingebunden in das Frühwarnsystem des städtischen Jugendamtes wird es im kommenden Jahr auch für Eltern mit Neugeborenen gezielte Unterstützung und Schulungen geben.

Die neue Geschäftsstelle an der Hindenburgstraße 56 bietet ein umfassendes, professionelles Hilfs- und Unterstützungsangebot für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Kurz vor dem 30-jährigen Bestehen zog der Orstverband Mönchengladbach nur wenige Häuser weiter. „Wir wollten in der Innenstadt bleiben, zentral und auch für Menschen ohne Auto gut erreichbar“, sagt die Geschäftsführerin. Die alten Räume, vermietet von den Kinderschutzbund-Freunden Karin und Fritz Otten, seien schön, aber zu klein geworden. Jetzt verfügt der Ortsverband über 100 Quadratmeter mehr Wohnfläche. Alles ist hell und behaglich eingerichtet. „Kinder haben ein Recht auf gute Rahmenbedingungen“, sagt Heidrun Eßer. Es gibt gemütliche Sitzecken, Teddybären und Kisten mit Spielzeug, das die Phantasie anregen soll.

Viele Möbel wurden von Schaffrath gespendet. Unterstützung gab es auch von verschiedenen Stiftungen. Für die Einrichtung des Cafés, in dem sich Mütter und Väter treffen und Ratschläge einholen können, werden aber noch Geldgeber gesucht.

In Zukunft soll es auch ein Wochenendangebot für Kinder geben. In Planung ist außerdem ein Hauswirtschafts- und Kochkursus für Eltern, die mit wenig Geld auskommen müssen. „Wir wollen zeigen, dass man auch mit einem kleinen Budget gesund und lecker kochen kann“, sagt Heidrun Eßer.

Die Krisenzimmer, in denen Jugendliche über Probleme reden können, sind geblieben, genauso wie die Angebote für werdende Eltern sowie der Baby- und Kinder-Treff. Außerdem bietet der Kinderschutzbund als anerkannter Träger der freien Jugendhilfe begleiteten Umgang für Eltern mit Kindern an.

(RP)
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