Mönchengladbach Feuerwehr reagiert auf neuen Suizid-Trend

Mönchengladbach · Die Einsatzkräfte tragen neuerdings Warnmelder, weil sich immer mehr Menschen mit Kohlenmonoxid töten. Gestern schaute Feuerwehr-Chef Jörg Lampe auf 2013 zurück – und nach vorne, speziell mit Blick auf die Nachwuchsgewinnung.

2013: Spektakuläre Einsätze der Feuer Mönchengladbach
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2013: Spektakuläre Einsätze der Feuer Mönchengladbach

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Die Einsatzkräfte tragen neuerdings Warnmelder, weil sich immer mehr Menschen mit Kohlenmonoxid töten. Gestern schaute Feuerwehr-Chef Jörg Lampe auf 2013 zurück — und nach vorne, speziell mit Blick auf die Nachwuchsgewinnung.

Menschen, Tiere, Explosionen: Der Tätigkeitsbericht der Feuerwehr liest sich immer auch ein wenig wie ein Hollywood-Drehbuch, weil neben nüchternem Zahlenwerk die spektakulärsten Einsätze des abgelaufenen Jahres noch einmal komprimiert aufgezeigt werden. 2013 gab es davon etliche. Ein Rückblick — und ein Überblick über die aktuellen Entwicklungen bei der Mönchengladbacher Berufsfeuerwehr.

CO-WARNMELDER Seit kurzem tragen die Einsatzkräfte Geräte von der Größe eines Handys, die vor Kohlenmonoxid-Konzentrationen in Wohnungen warnen. Hintergrund: "Es ist eine Entwicklung der jüngsten Zeit, dass sich immer mehr Leute mit Kohlenmonoxid umbringen", sagt Feuerwehr-Chef Jörg Lampe. Alleine fünf solcher Einsätze gab es für die Wehr 2013. Schlägt das Gerät an, kommt ein Löschzug mit Atemschutzgeräten hinzu — damit die Wehrleute an dem hochgiftigen Gas nicht selber Schaden nehmen.

NACHWUCHSGEWINNUNG Um fünf neue Leute einzustellen, mussten 300 getestet werden — "mittelfristig mache ich mir da ein paar Sorgen", sagt Lampe. Denn die Qualität der Bewerber habe in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich abgenommen, sagt Feuerwehr-Sprecher Frank Nießen. "Da schaffen es zwei Fußball-Landesligaspieler nicht, im Schlossbad Wickrath 100 Meter geradeaus zu schwimmen", nennt Lampe ein Beispiel. Zu körperlichen und intellektuellen Defiziten gesellten sich beamtenrechtliche Hürden bei der Ausbildung sowie mangelnde Anreize. "Das Innenministerium muss langsam schauen, was man an der Struktur der Ausbildung ändern kann", sagt Lampe in Richtung Düsseldorf. Um entgegenzuwirken, werde man in Kürze in einem Pilotprojekt eine Kinderfeuerwehr für Sechs- bis Zehnjährige installieren. Details werden auf der Frühjahrsausstellung präsentiert.

113 Einsätze pro Tag

EINSATZZAHLEN Sie steigen sukzessive an. 41 295 waren es im Jahr 2013, im Schnitt 113 am Tag. Das liegt aber nicht am Kernbereich der Wehr, der Brandbekämpfung: Die 652 Brände aus dem Jahr 2013 bedeuten den niedrigsten Wert der letzten Jahre. Aber die Zahl der Notfalleinsätze (28 317 im abgelaufenen Jahr) und speziell der Krankentransporte (9690) steigen. "Die Zahlen zeigen uns, dass die Bevölkerung ihre Krankentransporte mit der Feuerwehr abwickeln will", sagt Lampe. "Am Thema Kommunalisierung der Krankentransporte bleiben wir also dran." 2013 gab es sieben Großbrände, ein Durchschnittswert. Es gab 56 Verletzte bei Bränden sowie einen Toten.

FEHLALARME 853-mal rückte die Wehr 2013 zu Einsätzen aus, die sich als Fehlalarme entpuppten. Das reicht vom irrtümlich ausgelösten Brandmelder bis hin zum böswilligen Fehlalarm — 23 Fälle gab es aus der letzten Kategorie 2013 zu verzeichnen. Ein verschwindend geringer Wert, dennoch ist diese Zahl der Wehr ein Dorn im Auge. "Immerhin hat sich das Handy-Problem entspannt", sagt Frank Nießen. Denn anders als früher werde heute bei jedem Handy-Anruf, auch mit unterdrückter Nummer, eine Identifikationsnummer übermittelt. "Die Leitstelle kann solche Nummern dann sperren", sagt Nießen. Trotzdem liege die Aufklärungsquote in diesem Bereich nur bei rund zehn Prozent.

MITARBEITER 334 Mitarbeiter hat die Feuerwehr derzeit, davon sind 86 beim Rettungsdienst angestellt. "Wir brauchen pro Jahr fünf bis acht neue Mitarbeiter", so Lampe.

ÜBERGRIFFE Noch ist es ein Einzelfall: Am 5. Mai wurde ein Rettungsassistent bei einem Einsatz in einer Disco an der Waldhausener Straße von einer Flasche getroffen. Er wurde schwer verletzt. Doch obwohl es bundesweit einen Anstieg solcher Angriffe auf Rettungskräfte gebe, sei Gladbach diesbezüglich noch "das gelobte Land", so Lampe. Mit Deeskalationstraining bereite die Wehr im Rahmen von Fortbildungen auf gefährliche Situationen vor, jeder Fall werde zur Anzeige gebracht. "Glücklicherweise urteilen die Gerichte in diesen Fällen ziemlich drakonisch", so der Feuerwehr-Chef.

EINSÄTZE Und was waren nun 2013 die spektakulärsten Einsätze? Zum einen sicher im Juni der Großbrand an der Krefelder Straße, der eine gigantische Rauchwolke nach sich zog. Am 1. Juli wurde in einer Rheydter Dönerbude eine Explosion gelegt. Im März gab es einen spektakulären Busunfall, im August bugsierten Jugendliche einen 22-Tonnen-Bagger in die Niers. Im Juni halfen 40 Wehrleute beim Elbhochwasser in Magdeburg. In Gladbach blieben schwere Unwetter 2013 aus.

(RP)
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