Interview mit Erich Oberem Es geht endlich wieder um Argumente

Mönchengladbach · Befehlsempfänger, Stimmvieh, Hinterzimmerpolitik – der FWG-Vorsitzende Erich Oberem rechnet mit der Ampel ab. Sie habe Rat und Verwaltung mehr geschwächt, als die CDU dies einst tat. Auf die wechselnden Mehrheiten setzt er große Hoffnungen.

 Erich Oberem ist Urgestein und Parteivorsitzender der Freien Wähler.

Erich Oberem ist Urgestein und Parteivorsitzender der Freien Wähler.

Foto: Raupold, Isabella (ikr)

Befehlsempfänger, Stimmvieh, Hinterzimmerpolitik — der FWG-Vorsitzende Erich Oberem rechnet mit der Ampel ab. Sie habe Rat und Verwaltung mehr geschwächt, als die CDU dies einst tat. Auf die wechselnden Mehrheiten setzt er große Hoffnungen.

Herr Oberem, die Ampel ist Geschichte. Wie geht es jetzt weiter in der Stadt?

Erich Oberem Ich habe die Hoffnung, dass wir wieder zu normalen Entscheidungsstrukturen zurückkehren und damit dem Rat seine Funktion zurückgegeben wird. In den vergangenen drei Jahren haben die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und FDP hinter verschlossenen Türen etwas beschlossen. Die restlichen Mitglieder der drei Fraktionen waren Befehlsempfänger, um nicht zu sagen: Stimmvieh. Das hat dazu geführt, dass es im Rat weder qualifizierte Diskussionen noch Entscheidungen gegeben hat, die nicht lange vorher schon festgestanden haben. Das hat es in dieser Form nie zuvor gegeben.

Auch nicht zu Zeiten der CDU/FDP-Mehrheit ?

Oberem Nein, weil die CDU die Form gewahrt hat. Natürlich hat sie ihre Vorstellungen von der Verwaltung als Vorschläge einbringen lassen. Dann gab es im Rat aber wenigstens noch einen Austausch darüber. Auch wesentliche Fragen sind letztlich nach einer Diskussion in den öffentlichen Sitzungen entschieden worden, und nicht von drei Männern im stillen Kämmerlein. Nie war Politik weniger öffentlich und weniger nachvollziehbar als während der Ampel-Zeit. Nicht einmal die Expertise der Verwaltung haben SPD, Grüne und FDP genutzt. Damit haben sie auch die Verwaltung geschwächt.

Wie meinen Sie das?

Oberem In der Verwaltung gibt es hervorragende Fachleute — leider selten an der Spitze eines Dezernats. Das Zusammenspiel zwischen Rat und Verwaltung funktioniert normalerweise so: Der Rat beauftragt die Verwaltung, Fragestellungen von Bedeutung für die Stadt zu untersuchen. Das macht die Verwaltung und schlägt am Ende begründet und nachvollziehbar vor, wie mit dem Thema umzugehen ist. Der Rat folgt dann diesem Vorschlag oder entscheidet sich nach dem Austausch von Argumenten anders. Dieses ganze Spiel hat die Ampel systematisch ausgehebelt. Leider hat sich die Verwaltung das gefallen lassen.

Die Ampel selbst reklamiert für sich etliche Erfolge.

Oberem Die Ampel hat ausschließlich ideologisch motiviert entschieden. Das gilt in besonderem Maße für die Grünen und die FDP, die leider in den meisten Punkten die Richtung vorgegeben haben. Die SPD war noch sachlich am lautersten, aber letztlich zu schwach. Dass wir jetzt wechselnde Mehrheiten haben, ist eine große Chance. Jetzt haben endlich wieder Argumente Gewicht und nicht mehr nur Ideologien.

Glauben Sie, dass sich eine Mehrheit für den Haushalt finden wird?

oberem Die FWG hat jedenfalls einen vernünftigen Vorschlag vorgelegt, nämlich bei den Sachmitteln pauschal 20 Prozent zu kürzen. Wir sind überzeugt, dass sich dadurch 20 Millionen Euro einsparen lassen. Ich sehe mehr Chancen als zuletzt, dass die Vernunft sich durchsetzt.

Wie beurteilen Sie den Masterplan?

oberem Das ist Phantasie mit Schneegestöber. Es stecken einige gute Ideen drin. Umsetzen lassen wird sich aber kaum etwas davon.

Sollte die Stadt ein Grundstück für das Kriz suchen?

oberem Nein. Das ist nicht Aufgabe der Stadt. Da sollte sich die Stadt nicht in die Verantwortung nehmen lassen. Der Träger kann gerne ein Grundstück suchen. Und wenn aus sachlichen Gründen nichts dagegen spricht, wird die Stadt einem Bauantrag gewiss zustimmen.

Die FWG hat die neue Bücherei zu Fall gebracht — im Zusammenspiel mit den Bürgern, die protestiert haben. Freut Sie das?

Oberem Die Bürger sind mündiger geworden. Sie wollen die Dinge verstehen und mit entscheiden. Darüber muss man sich freuen. Ich auch.

Haben Sie Sorge, dass die Partei "Die Bürgerliche" die FWG Stimmen kostet?

Oberem (lacht) Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bürger auf die FWG verzichten mögen.

Wofür steht die FWG?

Oberem Für eine auf unsere Heimatstadt konzentrierte Politik mit Sachverstand und Vernunft. Wir sind keine Protestpartei. Wir sagen zwar, was aus unserer Sicht falsch läuft — wir machen aber immer Vorschläge, wie es besser geht.

RALF JÜNGERMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP/ac)
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