Mönchengladbach Pfarrer brüskiert Bettrather Bürger

Mönchengladbach · Es gibt Zoff in der Großgemeinde Neuwerk. Der neue Pfarrer, Heinz-Josef Biste, hatte ein Resümee nach 100 Tagen gezogen. Dabei gestand er sein Unverständnis für das "Bettrather Gen". Auf der Kirmes ist der Pfarrer Hauptthema.

 Die Bettrather Kirche wurde nicht Pfarrkirche (o.l.). Seit Anfang 2013 leitet Pfarrer Heinz-Josef Biste die Großgemeinde (o.r.). Am Wochenende wird paradiert – und über die Äußerungen des Pfarrers gesprochen.

Die Bettrather Kirche wurde nicht Pfarrkirche (o.l.). Seit Anfang 2013 leitet Pfarrer Heinz-Josef Biste die Großgemeinde (o.r.). Am Wochenende wird paradiert – und über die Äußerungen des Pfarrers gesprochen.

Foto: Raupold, Ilgner, Reichartz

Nach seinen ersten 100 Tagen im neuen Amt hat Heinz-Josef Biste seine Erlebnisse und Erkenntnisse im Pfarrbrief niedergeschrieben. Biste ist seit Januar Pfarrer der Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) Maria von den Aposteln. Dazu gehören Neuwerk, Bettrath und Uedding. In seinem Bericht fasst Pfarrer Biste Liebenswertes, aber auch Kritisches zusammen. Und Letzteres hat viele Menschen in der Großgemeinde — speziell in Bettrath — gegen den Geistlichen aufgebracht.

Auszüge aus dem Pfarrbrief: Kirmes, Kirmes über alles, ich schaue noch nicht durch. — Es gibt anscheinend ein "Bettrather Gen", das aber nicht zu fassen ist. Daher kann es keine Therapie geben. Doch in Neuwerk gibt es ein Krankenhaus und ein Kloster, vielleicht können die helfen. — Manches "es war immer schon so" ist erst drei Jahre alt, anderes 15 oder erst sieben Jahre alt. Dann darf es jetzt auch verändert werden!?

Im sozialen Netzwerk "Facebook" brach ein Sturm der Entrüstung los. Wilhelm Reiners, Vorsitzender der Barbara-Big-Band, Schatzmeister der St.-Maria-Männerbruderschaft und Fraktionsvorsitzender der CDU-Bezirksfraktion Ost, fordert eine öffentliche Entschuldigung des Pfarrers. "Ich fühle mich von ihm persönlich beleidigt", sagte er auf Nachfrage. Und er empfindet die Worte von Heinz-Josef Biste als "Affront gegen die gesamte Bettrather Bevölkerung". Wilhelm Reiners pariert die Ausführungen Bistes mit einer Frage: "Könnte es sein, dass Sie vielleicht das Krankenhaus und das Kloster brauchen, um zu genesen?" Reiners' Ausführungen finden auf Facebook große Zustimmung.

Pfarrer Heinz-Josef Biste ist erschrocken über die Reaktionen, die sein Text hervorgerufen hat. "Ich wollte niemanden beleidigen", sagt er. "Ich kannte die Rivalitäten nicht, erlebe sie jetzt, aber ich verstehe die Strukturen und die Gründe nicht." Er habe rein persönliche Ich-Aussagen getroffen. "Vielleicht war es in diesem Zusammenhang nicht so klug von mir, über das Bettrather Gen zu schreiben." Andererseits, so Biste, trage auch er Gene in sich — "das Biste-Gen, das Niederrhein-Gen". Er habe versucht, seinen Rückblick auf die ersten 100 Tage locker und mit Humor zu schreiben. "Ich fühle mich von vielen nicht verstanden." Eine Flut von E-Mails hat den Pfarrer seit Bekanntwerden des Textes erreicht: "Man wirft mir vor, Menschen beleidigt zu haben. Die Kritik, von der ich überrollt werde, ist schwer zu ertragen."

Der CDU-Ratsherr für Bettrath, Hoven und Lockhütte, Robert Baues, fordert: "Lasst die Kirche im Dorf." Er ist sicher, dass Pfarrer Biste kein beabsichtigter böser Wille zu unterstellen ist. Er sieht bei den Bettrathern eine gewisse Empfindlichkeit. "Da kamen Anfang des Jahres einige Faktoren zusammen." Pfarrkirche der neuen GdG wurde nicht, wie angenommen, das Bettrather Gotteshaus, sondern das Neuwerker. Es gab Bürgerversammlungen, Wut und Enttäuschung der Bettrather waren groß. Dann kam — nach langer Vakanz — ein neuer Pfarrer: "Der Pfarrer muss jetzt in gewisser Weise die ganze Sache ausbaden."

An diesem Wochenende wird sowohl in Neuwerk als auch Bettrath Schützenfest gefeiert. Pfarrer Heinz-Josef Biste wird am Sonntag das Hochamt um 9.15 Uhr in der Neuwerker Kirche und am Montag, ebenfalls um 9.15 Uhr, die Messe in Bettrath zelebrieren. "Ich bin gespannt, ob er sich zu der Sache äußert", sagt Wilhelm Reiners. Pfarrer Biste hat angekündigt, den Kopf nicht in den Sand zu stecken. "Es liegen große Aufgaben vor uns, die wir gemeinsam bewältigen, und Probleme, die wir gemeinsam lösen müssen", sagt er. Robert Baues hat vorgeschlagen, dass alle Beteiligten nach der Kirmes an einem Runden Tisch zusammenkommen. "Dabei wollen wir versuchen, den Ball flach zu halten, dann finden wir auch Lösungen."

(RP/ac)
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