Langenfeld Über den Gaumen zum Glauben

Langenfeld · Die evangelische Kirche geht ungewöhnliche Schritte bei der Glaubensvermittlung. Im November steht das Kulinarische im Fokus.

 Vikar Matthias Ratz in der Langenfelder Johanneskirche. Er lädt demnächst zum evangelischen Drei-Gänge-Menü ein.

Vikar Matthias Ratz in der Langenfelder Johanneskirche. Er lädt demnächst zum evangelischen Drei-Gänge-Menü ein.

Foto: Matzerath

Einen mehr gourmet(h)ischen als geistigen Zugang zum Glauben bietet die evangelische Kirche im November. Gleich drei Veranstaltungen stellen einen kulinarischen Bezug zu liturgischen und biblischen Inhalten her. Vikar Matthias Ratz knüpft an seine Predigtreihe über die drei evangelischen Gottesdiensttypen vom Oktober an, wenn er zu einem "evangelischen Drei-Gänge-Menü" ins Zentrum Johanniskirche einlädt.

"Vielen Menschen hier im Rheinland ist nicht bewusst, dass es diese drei innerevangelischen Konfessionen gibt, während die Zugezogenen aus Ostdeutschland oder Hannover oft vor allem von der lutherischen Kirche geprägt sind", sagt Ratz. Die Predigtreihe habe er angestoßen, nachdem er von vielen Menschen angesprochen worden sei, welche evangelische Tradition eigentlich in Langenfeld gelebt werde. Was offenbar Verwirrung stiftet: Alle drei Langenfelder Gemeindebezirke haben sich eine eigene Gottesdienstordnung gegeben.

Die drei nach der lutherischen, der reformierten und unierten Tradition gefeierten Gottesdienste seien ein großer Erfolg gewesen, so Ratz. "Vielleicht eine Anregung, wenn man sich auf den Weg macht, etwas Gemeinsames zu suchen."

Um sich das Thema noch einmal geschmacklich zu Gemüte zu führen, hat Ratz das jeweils Typische in ein passendes Gericht übersetzt: Das Reformatorische steht für das ernste Bibelstudium, deshalb startet das Menü mit einer Buchstabensuppe. Die vergleichsweise pompös daherkommende lutherische Kirche wird – in Anlehnung an den Namensgeber Luther – mit einer deftigen Gans gewürdigt. Das Kompromisshafte der unierten Kirche wird mit einem Dessert-Buffet verdeutlicht: Man hat eben die freie Wahl.

Kirchengrenzen werden auch bei der ökumenischen Verkostung fair gehandelter Weine am Freitag, 22. November, im Zentrum Lukaskirche überschritten. Der Eine-Welt-Laden der katholischen St.-Martin-Kirche lädt dazu ein, chilenische und südafrikanische Weine zu probieren, die aus ökologischem Anbau stammen.

Ein ungewöhnliches Hörerlebnis verspricht wiederum der Kölner Musiker und Autor Rolly Brings, der am Samstag, 30. November, in der Erlöserkirche die Frohe Botschaft auf Kölsch verkünden wird – dazu gibt's natürlich auch das gleichnamige obergärigen Blonde. Brings, der Vater der beiden Mitglieder der Band Brings, hat einzelne abgeschlossene Erzähleinheiten und Gleichnisse aus dem Lukasevangelium ins Kölsche übersetzt. "Gerade diese klingen in Kölsch sehr erdverbunden und authentisch", erklärte er in einem Interview mit dem Domradio. Wenn man das höre, könne man sich vorstellen, dass der Evangelist selbst ein Kölner gewesen sein könnte. Ihm war es wichtig, mit der Übersetzung das Evangelium lokal zu verorten. "Glaube hat auch etwas mit Heimat und Tradition zu tun", sagt er in dem Interview anlässlich des Eucharistischen Kongresses. Das Kölnische werde ansonsten eher mit der fünften Jahreszeit assoziiert, die Bibel-Übersetzung zeige, dass dieser Dialekt aber auch dafür die nötige Würde mitbringe. Brings hat auch Grimms Märchen ins Kölsche übersetzt.

(RP)
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