Rp-Stadtteilserie Mobile Redaktion Baumberger wollen mehr Läden vor Ort

Langenfeld · Menschen, die vor 40 Jahren nach Baumberg zogen, beklagen, dass das Einzelhandelsangebot am Holzweg immer schlechter wird. Immer mehr sind aber auf eine wohnortnahe Versorgung angewiesen. Sie fordern, dass die Stadt tätig wird.

Rp-Stadtteilserie Mobile Redaktion: Baumberger wollen mehr Läden vor Ort
Foto: Matzerath, Ralph

baumberg In den 60er Jahren erlebte Baumberg einen enormen Bevölkerungszuwachs. Die vielen Menschen, die damals mit der Demag oder der Neuen Heimat nach Baumberg zogen, sind heute im Rentenalter. Sie beklagen vor allem den Niedergang der Infrastruktur, der sie angesichts ihrer schwindenden Mobilität vor große Probleme stellt. Hauptgesprächsthema bei der Mobilen Redaktion der Rheinischen Post in Baumberg war folglich der Ladenleerstand im Einkaufszentrum am Holzweg.

"Vor 34 Jahren war es hier sehr ansprechend für junge Familien", erklärt Lothar Bochem. Man hatte alles, was man braucht, vor Ort. Mit der Verlegung der Sparkassenfiliale an die Hauptstraße habe dann der Niedergang des Einkaufszentrums eingesetzt, berichtet Erwin Papke (79). Schon fürs Geldabheben müssten sich viele ältere Menschen nun in den Bus setzen, wobei die Fahrkartenkosten zumindest bei kleinen Renten ins Gewicht fielen. Als dann die Post begann, sich aus der Fläche zurückzuziehen und ihre Filiale schloss, war der Exodus nicht mehr aufzuhalten: der Kinderbekleidungsladen, die Metzgerei "Zum Janosch", die Reinigung, die Pizzeria — dazu kam dann noch die Schlecker-Insolvenz. Fragt man die Baumberger, welche Einzelhandelsangebote sie vermissen, nennen sie genau diese. "Diese Läden waren zu schwach frequentiert und die Mieten zu hoch", vermutet Josef Wachendorf (76) die Ursache für den um sich greifenden Leerstand. Und der Zeitschriftenladen am Holzweg, der jetzt die Postagentur betreibe, sei zu klein, um die vielen Kunden die Pakete aufgeben wollen, zu beherbergen und für Geldgeschäfte die nötige Diskretion zu gewährleisten. Nachmittags sorgten zudem die eiligen Postkunden, die ihre Pkw einfach am Straßenrand abstellten, für massive Verkehrsbehinderungen, sagt Bochem. Auch sollte die Stadt etwas gegen die Radfahrer in der Ladenstraße unternehmen, die auch keine Rücksicht auf spielende Kinder nähmen. Die Bürger haben kein Verständnis dafür, dass die Hauseigentümer die nötigen Investitionen für eine Zusammenlegung von Geschäften scheuen, um etwa die für eine Drogeriemarktkette erforderlichen Flächen zu schaffen.

Manche Baumberger fühlen sich auch von der Stadt stiefmütterlich behandelt und fordern, dass diese aktiv die Belebung des Einkaufsviertels betreibt. "Die nunmehr entschuldete Stadt könnte es sich doch leisten, Räume anzumieten und wieder ein Bürgerbüro zu eröffnen", sagte Herula Hoffmann (70). Diese Außenstelle der Verwaltung war 2005 dem Sparpaket zum Opfer gefallen. Auch Dora Wachendorf (76) findet, dass Baumberg kaum von den sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen profitiere. Vielmehr müsse der Stadtteil noch herhalten, um Einnahmen zu gerieren, etwa bei der Vermarktung des Schulgeländes an der Geschwister-Scholl-Straße. "Jetzt müssen die kleinen Kinder aus der Siedlung bis zur Humboldtstraße laufen", beklagt sie. "An der Stelle könnte die Stadt ja ein Warenhaus einrichten", schlägt Erwin Papke vor. Der 79-Jährige fragt sich ohnehin, wie die Stadt junge Familien in Baumberg-Ost ansiedeln will, wenn ein so wichtiger Standortfaktor wie eine nahe Grundschule fehlt. Insgesamt sei Baumberg zwar gut mit Lebensmittelmärkten ausgestattet, aber der neue Edeka-Markt sei für ältere Menschen ohne Auto schwer erreichbar, sagt eine 69-Jährige.

Wehmütig blicken die Älteren in die Vergangenheit, als es am Holzweg noch Veranstaltungen und Feste gab, wie die Kirmes auf der "heiligen Wiese" oder das Sommerfest der BKG, auch die Bürgerwiese sei ja fortwährend beschnitten worden. Sogar die Jugend blicke heute geringschätzig auf die Siedlung herab, in der sie aufgewachsen ist, weil das soziale Umfeld nicht mehr stimme, sagt Bochem und erwähnt den groben Umgangston und das Gebrüll in der Nachbarschaft. Als er vor zwei Jahren nach Baumberg zog, habe ihn die Anonymität in seinem Wohnblock gestört, sagt Raimund Konziela (60). Er habe daraufhin ein Nachbarschaftsfest organisiert — seitdem grüße man sich auf der Straße — und am Samstag das Bürgerhaus Baumberg mit afrikanischer Musik belebt. "Ich führe gerne Menschen zusammen", sagt er.

(RP)
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