Volleyball Die Pfeife immer im Gepäck

Hückelhoven · Axel Borchwaldt ist mit Leib und Seele Volleyballspieler. Aber in der Brust des Außenangreifers des VC Ratheim schlägt ein zweites Herz: das des Schiedsrichters.

 Alles im Blick: Schiedsrichter Axel Borchwaldt vom VC 99 Ratheim leitet auch Volleyballspiele des TVA Hürth in der Zweiten Bundesliga.

Alles im Blick: Schiedsrichter Axel Borchwaldt vom VC 99 Ratheim leitet auch Volleyballspiele des TVA Hürth in der Zweiten Bundesliga.

Foto: Peter Zylajew/PETER ZYLAJEW

Manchmal erntet Axel Borchwaldt von seinen Mitspielern ein Stirnrunzeln, wenn er mal wieder ein Spiel absagt, denn für die Oberliga-Volleyballer des VC 99 Ratheim ist der Routinier mit seiner immensen Erfahrung eine wichtige Stütze. Doch in der Brust des 37-Jährigen schlagen nun mal zwei Herzen: das des Spielers und das des Schiedsrichters – und so teilt der Sportlehrer seine knapp bemessene Zeit während der Saison zwischen Pfeifen und Spielen auf. „Nicht immer ist die Akzeptanz in der Mannschaft da, umso mehr freut es mich, dass es inzwischen Spieler gibt, die mich ersetzen können“, sagt Borchwaldt „und ich mit etwas beruhigterem Gewissen pfeifen kann.“

In ganz Deutschland ist der 37-Jährige für den deutschen Volleyball-Verband unterwegs, pfeift in den Volleyballhochburgen des Landes wie Berlin, Stuttgart, im Schwarzwald oder Schwerin Spiele der Ersten sowie Zweiten Bundesliga der Frauen und Männer. Zudem steht er regelmäßig als Linienrichter am Spielfeldrand, dann auch mit internationaler Beteiligung. „Ich war schon bei Freundschafts- und Länderspielen dabei oder auch bei Europapokal-Partien wie zuletzt in Düren“, sagt Borchwaldt.

Auf 35 Einsätze brachte es der 37 Jahre alte Alsdorfer so in der abgelaufenen Saison – eine Zahl, die auf den ersten Blick nicht ganz so beeindruckend erscheint. Doch auf den zweiten Blick wird deutlich: Viel mehr geht in einer Saison kaum noch. „Während der Saison bin ich fast jedes Wochenende im Einsatz – meistens sogar an beiden Tagen“, sagt der Außenangreifer des VC 99 Ratheim. Dabei macht er ordentlich Kilometer mit dem Auto, der Bahn oder dem Flieger. „Je weiter das Spiel weg ist, desto seltener fahre ich mit dem Auto“, erklärt Borchwaldt, „schließlich ist es wichtig, ausgeruht zu den Spielen zu kommen, um eine gute Leistung abzuliefern.“

Im Jahr 2004 hat ihn das Schiedsrichter-Fieber gepackt, damals absolvierte er seinen ersten Schiedsrichterlehrgang – wie in den meisten Fällen üblich nicht aus Überzeugung, sondern weil im Verein die Schiedsrichter Mangelware waren. Inzwischen ist das Schiedsrichterwesen allerdings für Axel Borchwaldt zur Berufung geworden. „Ich mache das aus Leidenschaft“, versichert der 37-Jährige, „reich werden kann man mit dem Pfeifen beim Volleyball auf jeden Fall nicht.“

 Als Erster Schiedsrichter auf dem Schiristuhl: Axel Borchwaldt.

Als Erster Schiedsrichter auf dem Schiristuhl: Axel Borchwaldt.

Foto: Peter Zylajew/PETER ZYLAJEW

In der Saison 2007/2008 folgten die ersten Einsätze in der Zweiten Bundesliga, 2011 dann die ersten Partien als Schiedsrichter in der Bundesliga – inzwischen hat sich Borchwaldt einen Namen in der Szene gemacht und ist dafür bekannt, unaufgeregt, aber konsequent seine Spiele zu leiten. „Wenn ich am Ende eines Spiels auch vom Verlierer zu hören bekomme, dass ich gut gepfiffen habe, dann ist das ein Kompliment und ich denke dann, dass ich beim Pfeifen nicht so viel falsch gemacht haben kann“, ist Borchwaldt überzeugt.

Natürlich gab es aber auch schon Situationen, in denen sich der Schiedsrichter des VC 99 Ratheim den Unmut der Spieler zugezogen hat. Doch das kommt relativ selten vor und endete auch nicht immer so wie bei der Bundesligapartie des Teams aus Düren gegen die Netzhoppers Königspark im Jahr 2010. Damals gab Borchwaldt einen Ball im fünften Satz beim Stand von 12:12 aus Sicht der Netzhoppers aus und hatte plötzlich einen 2,09-Meter-Mann wenige Zentimeter vor sich stehen, der ihm mit der flachen Hand vor die Brust schlug. „Im ersten Moment war ich total perplex“, erinnert sich Borchwaldt an diesen Vorfall, „ich hätte niemals damit gerechnet, dass so was möglich ist. Das passiert vielleicht alle 20 Jahre mal und ist total unüblich.“ Konsequenzen hatte das Fehlverhalten für den Spieler allerdings nicht, denn weder der Erste noch der Zweite Schiedsrichter hatten den Schlag, der zur Disqualifikation hätte führen müssen, gesehen – wohl als einzige in der Halle. „Eigentlich hätte ich zum Ersten Schiedsrichter gehen und den Vorfall schildern müssen“, sagt Axel Borchwaldt im Nachhinein.

Solche Erfahrungen haben den 37-Jährigen aber nicht davon abgehalten, seinen Weg weiter zu bestreiten im Gegenteil: „Ich bin da, wo ich hin wollte“, sagt Borchwaldt, der sein Wissen inzwischen auch als Lehrwart an den Schiedsrichternachwuchs weitergibt. Neben den obligatorischen Lehrgängen, bei denen Borchwaldt je nach Lizenzstufe theoretisches und praktisches Wissen vermittelt, fungiert er auch als Schiedsrichterbeobachter, wenn andere Schiris Spiele leiten. „Mein Tipp ist immer: Distanz wahren und nicht nach dem Spiel direkt mit den Spielern diskutieren – mit ein bisschen Abstand ist die Einsicht oft größer.“

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