Studie IHK: „Die Stadtverwaltung arbeitet weiter defizitär“

Krefeld · Finanzexperte der Hochschule hält den für 2020 prognostizierten Überschuss von 15,9 Millionen Euro für mehr als ungewiss.

 Elmar te Neues, Präsident der IHK Mittlerer Niederrhein

Elmar te Neues, Präsident der IHK Mittlerer Niederrhein

Foto: Lothar Berns/Berns, Lothar (lber)

Von Joachim Niessen

Lob und Tadel kommt von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein zum Krefelder Haushaltsplanentwurf: Einerseits begrüßt die IHK das für die kommenden Jahre ausgeglichene Ergebnis. Andererseits weist sie darauf hin, dass das ordentliche Ergebnis – also das Ergebnis der sogenannten gewöhnlichen Verwaltungstätigkeit – weiterhin negativ ist. Diese zentralen Aussagen basieren unter anderem auf einem Kurzgutachten des Finanzwissenschaftlers Professor Harald Schoelen von der Hochschule Niederrhein, das die Kammer in Auftrag gegeben hat. IHK-Präsident Elmar te Neues: „Die finanzielle Lage der Stadt ist ein wichtiger Standortfaktor für die Krefelder Unternehmen. Gemeinsam sollten wir alles daransetzen, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern, um die Ertragsbasis zu stärken.“

In ihrer Stellungnahme weist die IHK die Verwaltung darauf hin, dass insbesondere die Finanzerträge – etwa Dividenden, Konzessionsentgelte und Gewinnbeteiligungen der Stadttöchter – für den ausgeglichenen Haushalt sorgen. Das Ergebnis der gewöhnlichen Verwaltungstätigkeit ist nach wie vor defizitär. „Die Ausschüttungen der Stadttöchter zum Zweck der Haushaltskonsolidierung führen dazu, dass diese Unternehmen selbst weniger investieren und somit nicht nachhaltig agieren können“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Gutachter Schoelen ergänzt: „Der prognostizierte Überschuss 2020 in Höhe von 15,9 Millionen Euro ist mehr als ungewiss.“ Sicher sei dagegen, dass gemäß des Haushaltssicherungskonzepts (HSK) in erheblichem Umfang Sparanstrengungen unternommen werden müssten. „Mittelfristig sollte auf ein strukturell ausgeglichenes ordentliches Ergebnis hingearbeitet werden“, rät der Finanzwissenschaftler. Steinmetz erinnert daran, dass insbesondere die Hochkonjunktur zur Entspannung der Haushaltslage beigetragen hat: „Die Gewerbesteuererträge sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen.“ Allerdings habe sich die Gewerbesteuerkraft je Einwohner in Krefeld zuletzt weniger dynamisch entwickelt als in Nordrhein-Westfalen.“

Das weist darauf hin, dass Krefeld mit einem überdurchschnittlich starken Rückgang der Steuereinnahmen rechnen muss, wenn die Konjunktur „schwächelt“. Der aktuelle IHK-Konjunkturbericht zeigt, dass die Erwartungen der Betriebe weniger euphorisch sind als zu Jahresbeginn. Die IHK rechnet für das kommende Jahr mit deutlich geringerem Wachstum als zuletzt. „Insofern sind die Ansätze bei den Ertragssteigerungen mit einem Fragezeichen versehen“, so Steinmetz. Bei der Stärkung der Ertragsbasis möchte auch die IHK einen Beitrag leisten. IHK-Präsident te Neues hofft, dass der von Stadt und IHK initiierte Prozess „Aktionsplan Wirtschaft für Krefeld“ die Rahmenbedingungen am Standort verbessert. „Wenn es uns damit gelingt, den Standort zu stärken, würde das Investitionsklima verbessert“, so te Neues. „Die Folge wäre mehr Ertrag für die Stadt Krefeld.“

 IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz

IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz

Foto: IHK

Dies ist nach Ansicht der Industrie- und Handelskammer auch notwendig. Die Aufwendungen der Stadt Krefeld werden schließlich weiter steigen. Die Planungen sehen bis zum Jahr 2022 eine Steigerung um  gut 50 Millionen Euro auf 950 Millionen Euro vor. Eine sehr optimistische Einschätzung – wie IHK-Gutachter Schoelen aufzeigt: „Die prognostizierten Steigerungen der Personalaufwendungen von nur einem Prozent erscheinen angesichts der wahrscheinlichen Entwicklung der Löhne als viel zu gering, auch die Dynamisierung der Transferaufwendungen wird unrealistisch niedrig eingeschätzt.“

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