Kr wie Krefeld Gans, du hast den Fuchs gestohlen

Krefeld · Die Zeiten, in denen Gänse Opfer sind, scheinen vorbei zu sein - vielleicht muss man ja das alte Kinderlied umdichten: Gans, du hast den Fuchs gestohlen. Den Gänsen vom Elfrather See jedenfalls wäre es zuzutrauen.

2014: Wasserqualität in den Badeseen der Region
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Foto: dpa, Rolf Vennenbernd

Die Elfrather Gänse haben allen Bemühungen des Menschen, ihre Population dort klein zu halten, widerstanden. Auf den ersten Blick kann man die Verwaltungsvorlage, in der diese Bemühungen aufgelistet sind, schmunzelnd zur Kenntnis nehmen: Diese Vögel, die in unserer Sprache für den Schimpfruf "du dumme Gans" herhalten müssen, haben sich als robust und ziemlich intelligent erwiesen.

Auf den zweiten Blick weiß man nicht recht, was man von diesem Sieg halten sollen. Wenn Krefeld mit seinen 230 000 Einwohnern ein solches Erholungsgebiet samt Bademöglichkeit braucht, dann wäre es schon seltsam, wenn der Mensch am Ende vor 200 Gänsen kapitulieren muss. Dieser See ist ja auch kein Stück Natur, sondern eine ehemalige Kiesgrube, die seit den 70er-Jahren zum Naherholungsgebiet ausgebaut wurde.

Nun also stehen wir vor dem Phänomen, dass sich Mutter Natur etwas erobert hat, das von Menschenhand geschaffen und für den Menschen hergerichtet wurde - als soziales Projekt, das der Erholung und der Gesundheit dient. Wenn die Optik erst einmal in diese Richtung kippt, wird man immer nachdenklicher und fragt sich, ob der Schutz der Natur nicht manchmal seltsame Blüten treibt. Die Welt würde kaum natürlicher, das Klima nicht besser, die Artenvielfalt nicht größer, wenn man die Gänse an dieser besondern Stelle wirklich konsequent bejagt hätte.

So klug, wie sie sind, hätten die schon gemerkt, dass dieser Platz kein guter ist für wildes, freies Federvieh. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Nach Lage der Dinge ist der Vorschlag der Verwaltung richtig. Krefeld hatte bislang einmal im Jahr eine nervige Negativ-Schlagzeile wegen mieser Badewasserqualität gebucht. Die Details interessieren in solchen Fällen niemanden; was PR-technisch zu bleiben pflegt, ist der vage Missklang "Krefeld - mies". Und da rabiate Methoden der Vertreibung nicht durchsetzbar sind - die Leute lehnen die Jagd an dieser Stelle ab -, bleibt nur der Rückzug: Respekt, Gans, du hast den Badefuchs gestohlen.

Der Vorgang bleibt ein bloß symbolischer Sieg für die Natur; manchmal schützen wir sie an der falschen Stelle und seltsam verschämt. Warum sonst schüttelt man Eier, um Gänse zu vertreiben, anstatt die Eier in die Pfanne zu hauen und die Gans dazu in den Ofen?

Wie auch immer: Der Elfrather See wird wohl bald kein Badeort mehr für den Menschen sein. Das ist in einer Stadt, die nicht reich ist und in der viele Menschen nicht auf Rosen gebettet sind und nicht mal eben nach Malle fliegen können, nur bedingt eine gute Nachricht.

(RP)
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